Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat erneut in einem Streit um eine Kündigung wegen Kirchenaustritts den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen. Das teilte das Gericht am Donnerstag in Erfurt mit. Die Luxemburger Richter sollen klären, ob einer Schwangerschaftsberaterin ihr Austritt aus der katholischen Kirche vorgeworfen werden kann, wenn der Arbeitgeber von anderen Beschäftigten die Kirchenmitgliedschaft gar nicht verlangt. (Az. 2 AZR 196/22)
Die Klägerin war als Sozialpädagogin in einem katholischen Verein für Schwangerschaftsberatung beschäftigt. Von 2013 bis 2019 war sie in Elternzeit und trat unterdessen aus der katholischen Kirche aus. Versuche des kirchlichen Arbeitgebers, sie zum Wiedereintritt zu bewegen, scheiterten.
Daraufhin kündigte der Verein der Sozialpädagogin fristlos, hilfsweise ordentlich. Durch ihren Kirchenaustritt habe die Sozialpädagogin "schwerwiegend gegen ihre Loyalitätsobliegenheiten verstoßen". Allerdings sind in der Beratungsstelle auch zwei Beraterinnen tätig, die der evangelischen Kirche angehören.
Wegen ihres im Grundgesetz verankerten Selbstbestimmungsrechts haben die Kirchen nach deutschem Recht in der Regel einen besonders großen Spielraum. Nach Überzeugung des BAG hängt es daher vom EU-Recht ab, "ob die Ungleichbehandlung der Klägerin mit Arbeitnehmern, die niemals Mitglied der katholischen Kirche waren, gerechtfertigt sein kann".
Bereits im Juli 2022 hatte das BAG den Fall der Kündigung einer in einem Caritas-Krankenhaus beschäftigten Hebamme wegen Kirchenaustritts dem EuGH vorgelegt. Die Caritas erkannte dann jedoch nach der mündlichen Verhandlung und noch vor der Urteilsverkündung des EuGH die Rechtswidrigkeit ihrer Kündigung an. Seitens des BAG war daher nun eine neuerliche Vorlage nach Luxemburg erforderlich, um EU-rechtliche Fragen zu klären.
xmw/cfm