Vor dem Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder am Montag hat Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag betont, dass der Bund kein zusätzliches Geld für das Deutschlandticket geben will. Er verwies auf die "haushalterischen Bedingungen", unter denen der Bund stehe. Es geht um die Finanzierung der erwarteten Mehrkosten des Tickets im kommenden Jahr.
Bund und Länder haben bis 2025 jährlich jeweils 1,5 Milliarden Euro für das Ticket zugesagt und vereinbarten, eventuell in diesem Jahr anfallende Mehrkosten zu teilen. Sie streiten schon seit Monaten, wer ab 2024 die erwarteten Mehrkosten trägt. Die Länder wollen davon nicht mehr als die Hälfte übernehmen.
Regierungssprecher Hebestreit sagte am Freitag, er verstehe die Position der Bundesländer. Doch der Bund habe "einmal" zugestimmt, die zusätzlichen Kosten, "die da kommen mögen", zu teilen. Dies sei eine "einmalige Geburtshilfe" gewesen, betonte er.
SPD-Verkehrspolitiker warnten vor einem Scheitern des Tickets. Der "Wir" zitierte am Freitag aus einem zweiseitigen Papier, in dem sie eine "dringend erforderliche" Entscheidung zur hälftigen Finanzierung der Mehrkosten von Bund und Ländern anmahnen. Die Ministerpräsidentenkonferenz am Montag sei "der spätestens mögliche Zeitpunkt dafür".
Zu den Unterzeichnern gehören laut "Wir" Niedersachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies, sein sächsischer Kollege Martin Dulig sowie der Vizechef der Bundestagsfraktion Detlef Müller und die verkehrspolitische Sprecherin Isabel Cademartori. Sie beziffern demnach die Kosten für das Ticket für 2024 auf 4,1 Milliarden Euro und für 2025 auf 4,6 Milliarden Euro.
Werde der Finanzrahmen nicht ausgeweitet und nicht einmal der Übertragung der Restmittel von 2023 zugestimmt, müsse der Ticketpreis zum 1. Mai 2024 auf 64 Euro steigen, warnten die Sozialdemokraten laut "Wir" in dem Brief. Damit würde das Ticket unattraktiver und drohe sein Potenzial von 13 Millionen Kunden zu verpassen.
Die oberste deutsche Verbraucherschützerin Ramona Pop nannte eine Preissteigerung nur ein halbes Jahr nach Einführung des Deutschlandtickets "inakzeptabel". Der Einführungspreis von 49 Euro sei für viele bereits die Schmerzgrenze, so die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Insbesondere Menschen, die vom Auto auf Busse und Bahnen umsteigen sollen, seien mit einem höheren Preis nicht zu überzeugen.
"Statt über Preiserhöhungen zu diskutieren, sollten der Bundeskanzler und die Ministerpräsident:innen das Deutschlandticket verbraucherfreundlicher und verlässlicher machen", forderte Pop. Dazu gehörten Planbarkeit beim Preis, aber auch ein bundesweites Sozialticket und einheitliche Lösungen für Studierende und Familien. Sie schlug einen Runden Tisch zum Deutschlandticket unter Beteiligung von Verbraucher- und Fahrgastverbände vor.
Das Deutschlandticket gilt seit Mai und berechtigt für 49 Euro im Monat bundesweit zu Fahrten im Nah- und Regionalverkehr.
ilo/pe