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Buch: Minister versuchten Biden zu längerem Afghanistan-Einsatz zu bewegen

US-Außenminister und Pentagon-Chef hatten mit Bemühungen aber keinen Erfolg

Führende US-Minister haben einem neuen Enthüllungsbuch zufolge vergeblich versucht, Präsident Joe Biden zu einem längeren Afghanistan-Einsatz zu bewegen. In dem in der kommenden Woche erscheinenden Buch "Peril" (Gefahr) schreiben die "Washington Post"-Journalisten Bob Woodward und Robert Costa, Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin hätten Biden im März überreden wollen, vorerst nicht alle US-Truppen vom Hindukusch abzuziehen.

Damit solle Druck auf die radikalislamischen Taliban ausgeübt werden, mit der afghanischen Regierung eine politische Einigung zu erzielen, argumentierten die beiden Minister den Angaben zufolge. Durch eine fortgesetzte US-Truppenpräsenz solle "Zeit für Verhandlungen gewonnen" werden.

Blinken besprach das Thema den Angaben zufolge im März nach einem Treffen mit den Nato-Partnern in Brüssel in einem Telefonat mit Biden. Demnach drängten die Verbündeten die USA, ihre Truppenpräsenz in Afghanistan dafür zu nutzen, konkrete Zugeständnisse von den Taliban zu erzielen. Blinken schloss sich dieser Meinung an.

Pentagon-Chef Austin versuchte Biden ebenfalls zu überzeugen, nicht sofort alle Soldaten abzuziehen. Er sprach sich demnach für einen stufenweisen Abzug in drei oder vier Phasen aus, um einen Hebel für diplomatische Verhandlungen zu haben.

Biden entschied sich letztlich aber, einen vollständigen Truppenabzug aus Afghanistan bis zum 11. September anzuordnen, dem 20. Jahrestag der Terroranschläge von 9/11. Später wurde die Frist auf den 31. August vorgezogen.

Der Abzug wurde für die USA zu einem Debakel: Inmitten des US-Truppenabzugs überrannten die Taliban das Land, marschierten Mitte August in der Hauptstadt Kabul ein und rissen die Macht wieder an sich. Es folgte eine chaotische Rettungsaktion für westliche Staatsbürger und afghanische Ortskräfte, die von einem blutigen Anschlag überschattet wurde, bei dem unter anderem 13 US-Soldaten getötet wurden.

Der Afghanistan-Abzug stürzte Biden damit in die größte Krise seiner bisherigen Präsidentschaft. Der Demokrat hat sein Vorgehen aber wiederholt vehement gegen Kritik verteidigt. Es sei an der Zeit gewesen, den mit 20 Jahren längsten Krieg der US-Geschichte zu beenden. Der Präsident argumentiert auch, eine Verlängerung des Militäreinsatzes hätte keine Erfolge in Afghanistan gebracht. Biden war schon in seiner Zeit als Vizepräsident von Präsident Barack Obama ein Kritiker des US-Engagements in Afghanistan.

Laut dem neuen Enthüllungsbuch war Biden offenbar der Auffassung, dass die Militärführung Obama, in dessen Amtszeit der Afghanistan-Einsatz zwischenzeitlich deutlich ausgeweitet wurde, manipulierte. "Mich verarscht das Militär nicht", sagte Biden den Autoren von "Peril" zufolge im Jahr 2009, dem ersten Amtsjahr Obamas.

by ANDREW CABALLERO-REYNOLDS