Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) ist nach fast sechs Jahren von ihrem Amt zurückgetreten. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gab am Montag einem Rücktrittsgesuch der Ehefrau von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) statt. Die 62-Jährige begründete den Schritt mit mangelnder Unterstützung in der eigenen Partei für ihre Pläne gegen den Lehrermangel. Die gebürtige Hamburgerin war seit 2017 Landesministerin für Bildung, Jugend und Sport in Brandenburg.
Zuletzt wurde Ernst für ihre Pläne zu Stellenbesetzungen an Schulen nicht nur von der Gewerkschaft GEW und Elternverbändern, sondern auch aus den eigenen Reihen kritisiert. Das Bildungsministerium hatte angekündigt, 200 offene Lehrerstellen ab nächstem Schuljahr für zusätzliche Schulassistenten und Schulsozialarbeiter umzuwidmen.
"Diese Pläne haben leider nicht die Unterstützung der SPD-Landtagsfraktion gefunden", hieß es in einer persönlichen Erklärung von Ernst. Die anstehenden Herausforderungen im Bildungsbereich könnten aber "nur mit maximaler Geschlossenheit" bewältigt werden. "Diese Geschlossenheit ist nicht mehr gegeben", erklärte sie.
Ernst betonte, der Unterricht müsse in allen Regionen Brandenburgs gesichert werden. Daher habe sie vorschlagen, wie der Einsatz vorhandener Lehrkräfte gerechter verteilt und gleichzeitig durch Umwandlung von nicht besetzten Stellen die Schule entlasten werden könnten. Der Lehrermangel werde ganz Deutschland "in den nächsten zehn bis 20 Jahren begleiten".
Woidke äußerte sein Bedauern über den Schritt und würdigte die Arbeit der 62-Jährigen. Ernst habe das Amt in schwierigen Zeiten "mit Weitblick, Mut, aber auch dem nötigen Durchsetzungswillen getragen", sagte der Ministerpräsident vor der Presse in Potsdam und verwies dabei unter anderem auf die Coronapandemie.
Nachfolger an der Spitze des Bildungsministeriums soll der bisherige Bildungsstaatssekretär Steffen Freiberg (SPD) werden. Er soll am 10. Mai im Landtag vereidigt werden und führt die Behörde bis dahin kommissarisch. Freiberg wurde erst im vergangenen Jahr Bildungsstaatssekretär unter Ernst. Zuvor war der 41 Jahre alte gebürtige Rostocker von 2016 bis 2021 in gleicher Position im Bildungsministerium von Mecklenburg-Vorpommern tätig.
Der CDU-Fraktionschef im Brandenburger Landtag Brandenburg, Jan Redmann, zollte Ernst "Respekt" für ihren Rücktritt. Sie habe "einige Zöpfe sozialdemokratischer Bildungspolitik wie beispielsweise das Schreiben nach Gehör abgeschnitten". Die CDU regiert in Brandenburg gemeinsam mit SPD und Grünen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Daniel Keller, äußerte sein "Bedauern" über den Rücktritt. Er würdigte die unter Ernst erreichten Fortschritte bei der Verbesserung des Personalschlüssels in Kitas sowie den Einstieg in die Betragsfreiheit in Kitas und Horten.
Die Linksfraktion forderte einen "Neustart" in der Bildungspolitik. Die AfD wertete den Rücktritt als "Eingeständnis des Versagens" unter anderem wegen der "kinderfeindlichen Coronamaßnahmen".
Die seit 1998 mit Olaf Scholz verheiratete Ernst legte stets Wert auf ihre politische Eigenständigkeit und agiert seit dem Einzug von Scholz ins Kanzleramt nicht als die klassische First Lady. Ihr Schwerpunkt lag auch weiterhin auf ihrem Amt als Bildungsministerin in Brandenburg, das sie im September 2017 übernahm. Im Coronajahr 2021 amtierte sie als Präsidentin der Kultusministerkonferenz der Bundesländer.
Die gelernte Kauffrau der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft und studierte Sozialökonomin war von 1997 bis 2011 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft. Während ihr Ehemann Olaf Scholz 2011 zu Hamburgs Erstem Bürgermeister gewählt wurde, wechselte Ernst in die SPD-Bundestagsfraktion nach Berlin, wo sie unter anderem als stellvertretende Fraktionsgeschäftsführerin tätig war.
Von 2014 bis 2017 war sie Ministerin für Schule und berufliche Bildung in Schleswig-Holstein. Nach der SPD-Niederlage bei der dortigen Landtagswahl verlor Ernst 2017 ihren Posten. Sie wechselte nach Brandenburg und übernahm im September 2017 das dortige Bildungsressort.
hex/cfm