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Blockade von Habecks Fähre sorgt parteiübergreifend für Kritik

Die Blockade einer Fähre mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) durch protestierende Bauern in Schleswig-Holstein ist parteiübergreifend auf scharfe Kritik gestoßen. Die Aktion sei "beschämend und verstößt gegen die Regeln des demokratischen Miteinanders", erklärte der Sprecher von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Steffen Hebestreit, in der Nacht zum Freitag. Habeck selbst zeigte sich besorgt über die Stimmung im Land. Kritik kam auch aus der Union und vom Bauernverband.

"Was mir Gedanken, ja Sorgen macht, ist, dass sich die Stimmung im Land so sehr aufheizt", erklärte Habeck am Freitag. Protestieren in Deutschland sei "ein hohes Gut". Nötigung und Gewalt zerstörten dieses Gut. "Als Minister habe ich qua Amt Schutz der Polizei. Viele, viele andere müssen Angriffe allein abwehren, können ihre Verunsicherung nicht teilen", erklärte Habeck weiter. Sie seien "die Helden und Heldinnen der Demokratie". 

Polizeiangaben zufolge hatten etwa 100 Bauern mit ihren Treckern am Donnerstagnachmittag einen Fähranleger am Nordseeort Schlüttsiel blockiert und Habeck am Verlassen der Fähre gehindert. Habeck habe trotz Abratens seiner Personenschützer versucht, das Gespräch mit den Landwirten zu suchen, sagte ein Polizeisprecher. Ein sachlicher Austausch sei jedoch nicht möglich gewesen.

Der Vizekanzler sei daher auf der Fähre geblieben und zurück zur Hallig Hooge gefahren. Dort hatte der Vizekanzler den Angaben zufolge Urlaub gemacht. Noch in der Nacht zu Freitag sei die Fähre wieder Richtung Schlüttsiel aufgebrochen, wo sie dann anlegen konnte, sagte der Polizeisprecher. Habeck sei gegen 2.30 Uhr unversehrt an seinem Wohnsitz in Flensburg angekommen.

Der Protestaktion war Polizeiangaben zufolge ein Aufruf in Onlinenetzwerken vorausgegangen. Rund 30 Beamte waren den Angaben zufolge vor Ort, kurzzeitig sei auch Pfefferspray eingesetzt worden. Festnahmen gab es nicht.

Die Blockade rief über die Parteigrenzen hinweg scharfe Kritik hervor. Regierungssprecher Hebestreit erklärte im Online-Dienst X (vormals Twitter): "Bei allem Verständnis für eine lebendige Protestkultur: Eine solche Verrohung der politischen Sitten sollte keinem egal sein."

Habecks Parteikollege, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, bezeichnete die Teilnehmer der Blockade als "Fanatiker". Das seien "Leute, denen geht es nicht um die deutsche Landwirtschaft", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". "Die haben feuchte Träume von Umstürzen, und das wird's nicht geben." 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach auf X von "Grenzüberschreitungen". Bundesjustizminister Marco Buschmann (FPD) schrieb ebenfalls auf X, Gewalt gegen Menschen oder Sachen habe in der politischen Auseinandersetzung nichts verloren. Das diskreditiere das Anliegen vieler Landwirte, die friedlich demonstrierten.

Der Generalsekretär des Deutsche Bauernverbands (DBV), Bernhard Krüsken sagte, die Aktion sei "eine Grenzüberschreitung, eine Verletzung der Privatsphäre". "Gewalt und Nötigung haben bei unseren Aktionen nichts verloren", sagte Krüsken dem WDR. 

Auch in der Opposition stieß der Vorgang auf Unverständnis. Johannes Winkel (CDU), Vorsitzender der Jungen Union, schrieb bei X, es sei "absolut unterirdisch und beschämend", was Habeck widerfahren sei. "Wir lassen es nicht zu, dass sowas hier zum Stil wird", schrieb der schleswig-holsteinische CDU-Bundestagsabgeordnete Johann Wadephul bei X. "Gerade raus ohne Blatt vor dem Mund - ja. Gewalt - nein."

Besorgt äußerte sich die Deutsche Polizeigewerkschaft. Deren Bundesvorsitzender Rainer Wendt erklärte, Politiker in persönliche Bedrängnis zu bringen, habe "mit demokratischem Protest nichts mehr zu tun". In einem Schreiben an den Präsidenten des Deutschen Bauernverbands habe die Gewerkschaft gefordert, dafür zu sorgen, dass Protestaktionen im Rahmen geltender Gesetze organisiert würden.

Seit Ende Dezember sorgt die geplante Streichung von Subventionen für die Landwirtschaft für heftige Proteste der Bauern. Am Donnerstag hatte die Bundesregierung mitgeteilt, sie nehme einen Teil ihrer Kürzungspläne im Agrarbereich zurück. Das halten die Landwirte aber für unzureichend. An den Protesten in der kommenden Woche will der Bauernverband deshalb festhalten.

hol/mt