Die Deutschen in Ost und West haben einen unterschiedlichen Blick auf die Geschichte der deutschen Einheit vor 30 Jahren. Einer am Montag in Gütersloh veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge sind die damaligen Ereignisse für Menschen in Ostdeutschland oftmals eng mit teils dramatischen biografischen Umbrüchen verbunden. Den Menschen aus der alten Bundesrepublik fehlt demnach hingegen häufig ein persönlicher Bezug zu den gesellschaftlichen Änderungen.
"Die deutsche Einheit ist im Osten die Geschichte der friedlichen Revolution und der Montagsdemonstrationen, durch die schließlich die Wende herbeigeführt wurde", erläuterte Bertelsmann-Experte Kai Unzicker die Schlüsse der Studie, die Ergebnisse von Interviews und moderierten Gruppendiskussionen mit einer Umfrage unter knapp 1600 Menschen verbindet. "Die Geschichte im Westen dagegen handelt vom Scheitern der DDR an ihren wirtschaftlichen und politischen Unzulänglichkeiten, woraus zwangsläufig die Wiedervereinigung folgen musste."
Insgesamt ist die Wiedervereinigung für 90 Prozent der Deutschen ein Ereignis, das großen oder sogar sehr großen Einfluss auf das Land hatte. Der Anteil derer, für die es einen großen oder sehr großen Einfluss auf das eigene Leben hatte, ist laut Studie im Osten mit 74 Prozent aber deutlich größer als im Westen. Dort sind es nur 61 Prozent. Bei den Menschen im Osten überwiegt zudem noch immer das Gefühl, dass mit der Wiedervereinigung viele Dinge verlorengingen, die in der DDR gut funktionierten. 84 Prozent waren dieser Meinung.
by STEFFI LOOS