Vor der Entscheidung des Bundestags über ein neues Sterbehilfe-Gesetz haben Kirchenvertreter und Patientenschützer erneut ihre Bedenken deutlich gemacht. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, warb am Sonntag dafür, "eine Kultur der Lebensbejahung und gegenseitige Fürsorge zu erhalten". Die Deutsche Stiftung Patientenschutz bekräftigte ihr Nein zu den vorgelegten Gesetzentwürfen und mahnte mehr Suizidprävention an.
"Wir müssen als Gesellschaft darauf achten, dass keine Situation entsteht, in der ein älterer oder kranker Mensch oder ein Mensch in einer existenziellen Krise eher eine gute Infrastruktur der Suizidassistenz vorfindet als ausreichende und angemessene Rahmenbedingungen, um sich vertrauensvoll in Pflege zu begeben, Hilfe zu erhalten und Hilfe anzunehmen", erklärte Bätzing in Bonn.
Eine Gesetzesregelung müsse "der Tendenz entgegenwirken, dass sich der assistierte Suizid als selbstverständliche Form der Lebensbeendigung durchsetzt". Insofern trete die Katholische Kirche für eine gesetzliche Regelung der Suizidassistenz ein. Der Suizidprävention und der Beratung komme aber eine hohe Bedeutung zu, betonte Bätzing.
Der Bundestag stimmt voraussichtlich am Donnerstag über konkurrierende Gesetzentwürfe zur Sterbehilfe ab, die jeweils fraktionsübergreifend erstellt wurden. Es soll geregelt werden, wie Sterbewillige Zugang zu todbringenden Medikamenten bekommen können und wie Helfer vor Strafe geschützt werden. Die bisherigen Regelungen waren vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden.
Die Einführung der vorgeschlagenen Regelungen würde "harte Suizide" nicht verhindern, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. Zudem gingen die vorliegenden Entwürfe über die Sorgen Sterbenskranker hinaus. "Vielmehr entfalten sie Wirkung auf lebenssatte, psychisch kranke oder depressive Menschen." Deshalb sei ein klares Nein zu jedem der Anträge "die einzige Chance, das ethische Dilemma nicht zu vergrößern".
Eine Ablehnung bedeutet keinesfalls ein Verbot der Beihilfe zur Selbsttötung, sagte Brysch. "Doch bedauerlich ist, dass die Suizidprävention viel zu sehr auf der Strecke bleibt." Zugleich sollte der Sterbehelfer selbst strafrechtlich in den Blick genommen werden. Schließlich erfordere sein Tun höchste Sachkunde und er habe zweifelsfrei sicherzustellen, dass der Suizid selbstbestimmt gewünscht werde. "Ausgeschlossen werden muss in jedem Fall, dass organisierte Suizidangebote gegen Gebühr erfolgen", forderte Brysch.
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