Ein Jahr nach dem Aus für das landesweite Grundrecht auf Abtreibungen in den USA hat Präsident Joe Biden vor "extremen und gefährlichen" Bemühungen der Republikaner gewarnt, den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen landesweit einzuschränken. Verbote in mehreren US-Bundesstaaten seien nur der Anfang, erklärte der Demokrat am Samstag. Die republikanische "Agenda ist extrem, gefährlich und steht nicht im Einklang mit der breiten Mehrheit der Amerikaner".
Der Oberste US-Gerichtshof hatte am 24. Juni 2022 mit einer höchst umstrittenen Entscheidung das Grundsatzurteil "Roe v. Wade" aufgehoben, das 1973 ein landesweites Recht auf Abtreibungen verankert hatte.
Gegner von Abtreibungen und Befürworter eines Zugangs zu Schwangerschaftsabbrüchen hielten zum Jahrestag der Supreme-Court-Entscheidung am Samstag jeweils Kundgebungen in der US-Hauptstadt Washington ab. Bei einer kleinen Demonstration trugen Protestierende etwa T-Shirts mit Aufschriften wie "Unborn Lives Matter" ("Das Leben von Ungeborenen zählt").
Biden warnte davor, dass die Republikaner an einem landesweiten Abtreibungsverbot arbeiteten. Außerdem wollten die Republikaner im Kongress noch weiter gehen und von der Arzneimittelbehörde FDA zugelassene Abtreibungspillen vom Markt nehmen sowie den Zugang zu Verhütung erschweren, fuhr der Präsident fort.
Etwa 20 konservativ regierte Bundesstaaten hatten Schwangerschaftsabbrüche nach der Entscheidung des Supreme Courts verboten oder schränkten den Zugang stark ein. Die Schließung von Abtreibungskliniken in etwa einem Dutzend Staaten zwang Zehntausende Frauen dazu, für den Abbruch einer Schwangerschaft in andere Landesteile zu reisen.
Das Abtreibungsrecht ist eines der umstrittensten gesellschaftspolitischen Themen in den USA. Biden und seine Demokratische Partei setzen sich für den Schutz des Zugangs zu Schwangerschaftsabbrüchen ein. Die konservativen Republikaner wollen Abtreibungen dagegen einschränken oder ganz verbieten.
Das Thema spielte beim Wahlkampf vor den Kongress-Zwischenwahlen im vergangenen November eine große Rolle - und dürfte dies bei den Präsidentschafts- und Kongresswahlen im November 2024 erneut tun.
Auch im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur ist das Thema bereits präsent. Der aussichtsreiche frühere US-Präsident Donald Trump bleibt bei der Frage schwammig, ob er ein Bundesgesetz für ein Verbot oder eine Begrenzung von Schwangerschaftsabbrüchen unterstützen würde.
Floridas Gouverneur Ron DeSantis, der sich ebenfalls um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner bewirbt und dabei als Trumps gefährlichster Herausforderer gilt, verwies am Freitag bei der Evangelikalen-Konferenz in Washington auf ein Gesetz in seinem Bundesstaat, das Abtreibungen schon nach sechs Wochen verbietet. "Es war das Richtige, das zu tun - lasst euch von niemandem sagen, dass es das nicht war", sagte DeSantis. Trump hatte das Gesetz in Florida als "zu hart" kritisiert.
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