US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat Amtsinhaber Donald Trump vorgeworfen, im Streit um Gewalt bei Anti-Rassismus-Protesten die Spannungen gezielt anzuheizen. Der Republikaner sehe die Ausschreitungen als einen "politischen Nutzen für ihn" an, sagte der US-Demokrat am Donnerstag im Sender MSNBC. "Er setzt auf mehr Gewalt, nicht auf weniger. Er gießt Öl ins Feuer."
Trumps Beraterin Kellyanne Conway hatte zuvor im Nachrichtensender Fox News gesagt, Ausschreitungen am Rande von Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze würden bei der Wahl am 3. November dem Präsidenten nutzen. "Je mehr Chaos und Anarchie und Vandalismus und Gewalt herrscht, desto besser ist es für die sehr klare Wahl, wer am besten bei öffentlicher Sicherheit und Recht und Ordnung ist."
Trump bezeichnet sich selbst als "Präsident von Recht und Ordnung" und wirft den oppositionellen Demokraten vor, in von ihnen regierten Städten und Bundesstaaten nicht hart genug gegen gewaltsame Proteste vorzugehen. Der Präsident verbreitet schon seit Wochen das Schreckensszenario eines Landes, das bei einem Wahlsieg Bidens in Chaos und Anarchie versinken würde.
Sein Vizepräsident Mike Pence sagte am Mittwoch in seiner Nominierungsrede beim Republikaner-Parteitag: "Die harte Wahrheit ist: Sie werden in Joe Bidens Amerika nicht sicher sein."
Biden sagte dazu auf MSNBC, Pence habe diesen Satz gesagt, während ein Video "von Donald Trumps Amerika" gezeigt werde. "Unser Problem ist, dass wir uns jetzt in Donald Trumps Amerika befinden", sagte der frühere Vizepräsident mit Blick auf die starken politischen und gesellschaftlichen Spannungen im Land.
In den USA ist es seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai zu zahlreichen Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt gekommen. Am Rande der zumeist friedlichen Demonstrationen kam es wiederholt zu Ausschreitungen. Zuletzt entfachten Polizeischüsse in den Rücken des Afroamerikaners Jacob Blake im Bundesstaat Wisconsin neue Proteste, aber auch Gewalt.
Kritiker werfen Trump vor, sich auf die Gewalt am Rande der Demonstrationen zu fokussieren, anstelle das Rassismus-Problem im Land anzugehen. Der Rechtspopulist hat sich bislang noch nicht zu den Polizeischüssen auf Blake geäußert.
Trump könnte das Thema aber am Donnerstagabend (Ortszeit) bei seiner mit Spannung erwarteten Nominierungsrede ansprechen. Der 74-Jährige wird die Ansprache, mit der er offiziell seine erneute Nominierung als Präsidentschaftskandidat annimmt, im Weißen Haus zum Abschluss des Republikaner-Parteitags halten. Der Parteitag findet wegen der Corona-Pandemie überwiegend virtuell statt.
by Olivier DOULIERY