Nach den verheerenden Anschlägen am Kabuler Flughafen mit mehr als 80 Todesopfern hat US-Präsident Joe Biden Vergeltung angekündigt. "Wir werden euch jagen und euch büßen lassen", sagte Biden am Donnerstag (Ortszeit) an die Drahtzieher gerichtet. Die IS-Miliz reklamierte die Selbstmordattentate, bei denen mindestens 13 US-Soldaten sowie mehr als 70 weitere Menschen starben, für sich. Fast zeitgleich mit dem Doppelanschlag beendete die Bundeswehr ihre Evakuierungsflüge.
Mit 13 getöteten und 18 verletzten US-Soldaten waren die Anschläge am Kabuler Flughafen die verlustreichste Attacke auf die US-Armee am Hindukusch seit zehn Jahren. Insgesamt starben mindestens 85 Menschen. Unter den Opfern seien viele Frauen und Kinder, sagten zwei frühere Mitarbeiter des afghanischen Gesundheitsministeriums der Nachrichtenagentur AFP. Mehr als 150 Menschen seien verletzt worden.
"Wir werden nicht vergeben. Wir werden nicht vergessen", sagte ein sichtlich erschütterter Biden im Weißen Haus. Zwei Selbstmordattentäter hatten sich am Donnerstagabend vor dem Kabuler Flughafen in die Luft gesprengt, wo tausende Afghanen auf einen Platz in einem der letzten westlichen Evakuierungsflugzeuge warteten. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte am Donnerstagabend, Deutsche seien nach bisherigen Informationen nicht unter den Opfern.
Einer der beiden Anschläge war vor dem Flughafenzugang Abbey Gate verübt worden, der andere am Baron-Hotel in der Nähe, wie das US-Verteidigungsministerium mitteilte. Die US-Armee sichert mit 5800 Soldaten das Flughafengelände und die Zugangstore. In den vergangenen Tagen waren nach US-Angaben bei der großangelegten Evakuierungsaktion insgesamt mehr als 100.000 Ausländer und gefährdete Afghanen ausgeflogen worden.
Der IS erklärte über sein Propaganda-Sprachrohr Amaq, ein Kämpfer des regionalen IS-Ablegers Provinz Chorasan (ISKP) habe alle Sicherheitsabsperrungen überwunden und sich US-Soldaten auf "nicht mehr als fünf Meter" nähern können. Er habe dann seine Sprengstoffweste detonieren lassen. Die in Afghanistan herrschenden radikalislamischen Taliban verurteilten den Doppelanschlag.
"Die Evakuierungsoperation in Kabul war hochgefährlich", betonte das Bundesverteidigungsministerium via Twitter. Ressortchefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) nahm die Einsatzkräfte der Bundeswehr am Donnerstagabend gemeinsam mit Generalinspekteur Eberhard Zorn und der Wehrbeauftragten des Bundestages, Eva Högl (SPD), am Flughafen von Taschkent in Empfang. Am Freitagabend sollen die Bundeswehr-Kräfte im niedersächsischen Wunstorf eintreffen.
Wie Deutschland beendeten auch die Niederlande und Australien am Donnerstag ihre Rettungsflüge, Spanien folgte am Freitagmorgen. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace kündigte am Freitagmorgen auf Sky News an, die Evakuierungsflüge für britische und afghanische Staatsbürger würden "in wenigen Stunden" beendet. "Die traurige Tatsache ist, dass nicht jeder rauskommen wird".
Nachdem Frankreichs Premierminister Jean Castex eigentlich das Ende der Evakuierungsmission angekündigt hatte, sagte Europaminister Clément Beaune am Freitag dem Radiosender Europe 1, der Einsatz könne "vielleicht noch nach heute Abend" weiter gehen.
Allerdings werden weitere Anschläge in Kabul befürchtet. "Wir erwarten, dass diese Angriffe weitergehen werden", sagte etwa der Chef des Zentralkommandos der US-Streitkräfte, General Kenneth McKenzie. Bereits vor dem Doppelanschlag hatten die USA und andere westliche Staaten eindringlich vor Attentaten am Kabuler Flughafen gewarnt.
Die türkische Regierung führte inzwischen erste Verhandlungen mit den radikalislamischen Taliban über deren Vorschlag, dass Ankara künftig den Flughafen in der afghanischen Stadt betreibt. Seinem Land sei angeboten worden, den operationellen Betrieb des Airports zu übernehmen, sagte Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Die Sicherung des Airports wollten die Taliban selbst übernehmen.
Die Vereinten Nationen kündigten für Montag ein Afghanistan-Krisentreffen des UN-Sicherheitsrates an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte eine für das Wochenende geplante Israel-Reise ab.
by Von David FOX