Zu Bernie Ecclestone aufzuschauen, ist gar nicht so einfach, denn er misst nur 1,59 Meter. Am Mittwoch feiert dieser kleine Mann, "der es so liebt, wenn man ihn bewundert" ("Die Welt"), seinen 90. Geburtstag. Das ist die essenzielle Crux des Bernie Ecclestone und mag seine Machtansprüche und seine Kontrollleidenschaft hinlänglich erklären. "Mächtigere über sich zu haben, ist schwer für ihn zu ertragen", schrieb die "Welt". Das ist inzwischen vorbei, Bernie Ecclestone ist eine Privatperson, aber eine überaus schillernde.
Er war die bestimmende Figur des weltumspannenden Spektakels der Formel 1 und jonglierte mit Millionen. Der kleine mürrische Engländer war über 40 Jahre lang der große Zampano der glamourösen Königsklasse des Motorsports. Dass er dabei einer der reichsten Männer Großbritanniens wurde, liegt an seiner Intelligenz, Nervenstärke und Raffinesse, seinem Instinkt sowie Durchsetzungsvermögen. Sein Werdegang ist eine filmreife Erfolgsgeschichte von unten nach ganz oben.
Der Sohn eines Fischers aus der ostenglischen Hafenstadt Ipswich (Grafschaft Suffolk) ging mit 16 von der Schule ab und arbeitete als Laborassistent bei der städtischen Gasversorgung, bevor Bernard Charles Ecclestone, den alle bald "Bernie" nannten, in den Gebrauchtwagenhandel einstieg. Schließlich trieb ihn seine Leidenschaft für den Motorsport an die Rennpisten. Unmittelbar nach dem Kriegsende nahm er an Motorradrennen teil, 1949 versuchte er sich in der Formel-3-Serie, doch ein schwerer Unfall auf seiner Hausstrecke Brands Hatch beendete Ecclestones aktive Karriere.
1957 kam Ecclestone in der Formel 1 an. Er kaufte das Team Connaught, dessen walisischen Fahrer Stuart Lewis-Evans (1930-1958) er damals managte. Als dieser, wenig später für den Vanwall-Rennstall unterwegs, an den Folgen eines schweren Unfalls beim Großen Preis von Marokko starb, kehrte Ecclestone dem Sport den Rücken.
Erst in den 1960er Jahren kam er endgültig in der Formel 1 an, erst als Manager von Jochen Rindt (1942-1970), dann als Mitbesitzer von dessen Lotus-Team. Nachdem auch Rindt sein Leben auf der Strecke verlor, zog Ecclestone sich erneut zurück, kaufte dann aber 1971 überraschend das Brabham-Team. Er führte den Rennstall 15 Jahre und durfte 1981 und 1983 gemeinsam mit der brasilianischen Fahrerlegende Nelson Piquet (68) den WM-Titel feiern.
Damals dealten die Teams noch individuell mit den Veranstaltern der Rennen. Ecclestone erkannte, dass man gemeinsam viel mehr Geld herausholen konnte. Er gründete die FOCA, eine Interessenvertretung aller Formel-1-Teams, erwarb die Übertragungsrechte der Formel 1 und begann mit der TV-Vermarktung, was ihn sehr reich gemacht hat. Als Geschäftsführer und Mitinhaber der Formula One Group steuerte er die kommerzielle Verwertung der Formel-1-Weltmeisterschaft, ein Milliarden-Business.
Die Zeitschrift "Auto Motor Sport" urteilte: "Der kleine Mann, Jahrgang 1930, war plötzlich der große Chef des schnellen Geschäfts. Ohne einen Business Plan... Ohne ein offizielles Amt. Ohne eine Ernennung oder eine Wahl. Sein zerknittertes Gesicht und der graue Pilzkopf wurden zum Gesicht dieses Sports. [...] Wenn Bernie persönlich auftauchte, standen andere stramm. Oder sie liefen einen halben Meter hinter ihm her, den Kopf leicht vorne übergebeugt, um den Leisesprecher überhaupt zu verstehen."
Leute, die gegen ihn zocken wollten, wurden blitzschnell abserviert. Wenn es nicht anders ging, half er auch gern mit ein paar Millionen nach. Nach dem Motto: "Ich kann mir jeden Menschen kaufen, jeden da draußen. Für Geld machen die alles!"
Die Zeitung "Sunday Times" veröffentlicht jährlich eine Liste der reichsten Briten. In der "Rich List 2020" kam er mit einem Vermögen von 2,5 Milliarden Pfund (2,76 Milliarden Euro) auf Platz 56. Doch eigentlich dürfte Ecclestone in dieser Liste überhaupt nicht auftauchen.
1996 hatte er aus steuerlichen Gründen sein gesamtes Vermögen von über drei Milliarden Pfund an Stiftungen übertragen, die angeblich nur seine damalige Ehefrau Slavica Ecclestone und die beiden gemeinsamen Töchter Tamara (36) und Petra (31) kontrollieren. Von Slavica (62), einem ehemaligen Armani-Model aus Kroatien, ist er 2008 nach 23 Ehejahren geschieden worden. Seit diesem Zeitpunkt wird Bernie Ecclestone von ihr unterstützt, berichtete der "Wir": "100 Millionen Dollar ist exakt die Summe, die ihm seine geschiedene Frau... als Unterhalt zahlt - pro Jahr."
Der bisweilen rabiate "Formel-1-Diktator", der 2017 vom neuen US-amerikanischen Eigner Liberty Media ins Privatleben entlassen wurde, hat eine große Schwäche, wie er selbst zugibt: Frauen. Die erste Ehefrau Ivy Bramford hat er 1952 geheiratet. Mit ihr hat er Tochter Deborah, die ihn zum Großvater und Urgroßvater gemacht hat. Ihr folgte in den späten 1960ern Tuana Tan, mit der er 17 Jahre zusammen war. 1985 heiratete er Slavica und ließ in der Küche ein Schild anbringen: "Wen kümmert der Hund - Vorsicht vor der Ehefrau".
Ehefrau Nummer drei ist die 46 Jahre jüngere Brasilianerin Fabiana Flosi. Die 44-Jährige machte ihn mit 89 noch mal zum Vater, am 1. Juli 2020 wurde Sohn Ace geboren. Ecclestone: "Ich weiß noch nicht, ob wir hier aufhören. Vielleicht sollte er noch einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester haben."