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Berlin und Warschau wollen enger zusammenarbeiten - Sikorski bei Baerbock

Nach dem Regierungswechsel in Warschau wollen Deutschland und Polen ihre zeitweise sehr angespannten Beziehungen neu beleben. Polens Außenminister Radek Sikorski wertete seinen Antrittsbesuch bei seiner deutschen Kollegin Annalena Baerbock (Grüne) am Dienstag in Berlin als "wichtigen Schritt in Richtung der Normalisierung unserer Beziehung" und stellte eine enge politische Zusammenarbeit in Aussicht. Baerbock sagte, sie freue sich, "dass wir nun die Chance nutzen, enger, besser und im gleichen Takt zusammenzuspielen".

Die Wiederannäherung im deutsch-polnischen Verhältnis war durch den Regierungswechsel in Warschau im Dezember möglich geworden, bei dem die rechtsnationalistische PiS-Partei nach acht Jahren ihre Macht verlor. Die PiS-Regierung hatte demonstrativ Distanz zu Deutschland gewahrt und immer wieder antideutsche Ressentiments in der polnischen Öffentlichkeit zu schüren versucht.

Sikorski betonte nun in Berlin, dass die Zeit der scharfen Rhetorik aus Warschau vorbei sei. Zwar gebe es weiterhin unterschiedliche Positionen in einigen Fragen - "aber das kann man auch konstruktiv angehen, man kann das auch ohne konfrontative Rhetorik gestalten". Er richtete sich direkt an seine polnischen Landsleute und stellte klar: "Die europäischen demokratischen Länder und insbesondere Deutschland sind unsere Verbündeten." 

Baerbock sprach von "unserer Zusammenarbeit im Herzen Europas, die wir gemeinsam neu beleben wollen". Ein starkes Europa brauche "mehr denn je eine lebendige deutsch-polnische Freundschaft und tiefes Vertrauen zwischen Warschau und Berlin". Deutschland und Polen sollten gemeinsame ihre "Gestaltungskraft" zugunsten Europas nutzen.

Beide Ressortchefs kündigten an, die Zusammenarbeit mit Frankreich im Rahmen des Weimarer Dreiecks neu zu beleben - die Vorgängerregierung in Warschau hatte daran kein Interesse. Zudem solle es bald wieder deutsch-polnische Regierungskonsultationen geben. Diese lagen seit 2018 auf Eis. Deutschland und Polen würden nun "gemeinsam Politikfelder suchen, auf denen wir gemeinsam etwas auf die Beine stellen können - sowohl bilateral als auch europäisch und international", sagte Sikorski.

Die von der Vorgängerregierung vehement vertretene Forderung nach deutschen Reparationszahlungen für die Schäden im Zweiten Weltkrieg griff Sikorski nicht auf. Er bitte lediglich darum, "dass die deutsche Bundesregierung auf kreative Art und Weise sich überlegt, wie eine Art der Wiedergutmachung möglich ist", sagte der Minister.

Die PiS-Regierung hatte von Deutschland umgerechnet 1,3 Billionen Euro  für im Zweiten Weltkrieg erlittene Schäden verlangt. Deutschland sieht für die Forderungen nach Reparationen aber keine Rechtsgrundlage. 

Trotz der politischen Spannungen unter der PiS-Regierung hat sich die Partnerschaft von Zivilgesellschaft und Wirtschaft zwischen beiden Ländern intensiv entwickelt. Eine der Grundlagen ist der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag von 1991. Deutschland ist seit mehr als zwei Jahrzehnten wichtigster Handels- und Investitionspartner Polens. Polen ist fünftgrößter Handelspartner Deutschlands.

An Projekten des Deutsch-Polnischen Jugendwerks haben bereits mehr als drei Millionen junge Menschen aus beiden Ländern teilgenommen. Die deutsche Minderheit in Polen umfasst nach eigener Schätzung etwa 300.000 bis 350.000 Personen. In Deutschland leben nach Angaben des Auswärtigen Amts rund zwei Millionen Polinnen und Polen sowie Menschen polnischer Abstammung.

pw/gt