Kurz vor einem Peking-Besuch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich die Bundesregierung besorgt über die Spannungen zwischen China und Taiwan gezeigt. "Von allen Beteiligten in der Region erwarten wir natürlich, dass sie zu Stabilität und Frieden beitragen - das gilt ebenso für die Volksrepublik China", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Mittwoch in Berlin. "Wir haben den Eindruck, dass Maßnahmen wie militärische Drohgebärden diesem Ziel entgegenstehen."
Von vergangenen Samstag bis Montag hatte die chinesische Armee in einem Großmanöver die Umzingelung Taiwans und Angriffe auf dortige Ziele geübt. Auch nach Ende des Manövers meldete Taipeh am Dienstag noch Kriegsschiffe vor den Küsten.
Das Thema Taiwan werde auch bei Baerbocks China-Besuch eine Rolle spielen, sagte die Sprecherin. Die Außenministerin am Mittwochabend abfliegen und zunächst in die chinesische Hafenstadt Tianjin reisen. Dort will sie der Sprecherin zufolge eine deutsche Partnerschule und ein Windkraftunternehmen besuchen. Die Außenministerin will außerdem zusammen mit dem chinesischen Außenminister Qin Gang ein Unternehmen aus dem Bereich Elektromobilität besuchen.
Qin und Baerbock wollen den Angaben zufolge später zusammen mit einem Schnellzug nach Peking weiterreisen, um in der Hauptstadt einen "strategischen Dialog" zu führen. Baerbock soll dort zudem weitere Regierungsvertreter sowie Repräsentanten deutscher Unternehmen treffen.
Als weitere Themen des China-Besuchs nannte die Außenamtssprecherin neben Taiwan die deutsch-chinesischen Beziehungen, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, die Menschenrechtslage in China und den Kampf gegen den Klimawandel.
Eigentlich wollte auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell von Donnerstag bis Samstag nach China reisen. Er ist aber nach eigenen Angaben mit dem Coronavirus infiziert und muss die Reise verschieben. Auf Baerbocks Plan hat dies nach Angaben der Außenamtssprecherin keine Auswirkungen.
In der vergangenen Woche hatte der französische Präsident Emmanuel Macron China besucht. Anschließend sagte er in einem Interview, dass sich Europa im Falle eines Konflikts um Taiwan nicht automatisch an den USA oder China orientieren solle. Diese Kommentare lösten scharfe Kritik in westlichen Staaten aus, chinesische Staatsmedien lobten dagegen den französischen Präsidenten.
Die Sprecherin des Bundesaußenministeriums wollte sich dazu am Mittwoch nicht äußern. Auch Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann wollte Macrons Äußerungen nicht kommentieren. Sie bekräftigte allerdings das Festhalten an der Ein-China-Politik.
Diese Politik beinhaltet den Verzicht auf diplomatische Beziehungen zu Taiwan, das von China als abtrünniges Gebiet betrachtet wird.
Deutschland und die EU pflegten "gute Beziehungen" zu China und zugleich zivilgesellschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen zu Taiwan, sagte Hoffmann. "Wir lehnen uns natürlich eng an die USA an, die der wichtigste Sicherheitspartner der EU sind."
Baerbock will am Samstag weiter nach Südkorea reisen. Wie zuvor in China handelt es sich um ihren Antrittsbesuch. Sie will den Angaben zufolge zunächst die demilitarisierte Zone zwischen Süd- und Nordkorea besuchen und anschließend Gespräche in Seoul führen, unter anderem mit Regierungsvertretern und mit Geflüchteten aus Nordkorea. Am Sonntag reist Baerbock dann noch zum G7-Außenministertreffen nach Japan.
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