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Bergung von 400 Jahre altem Schiffswrack in Travemündung vor Lübeck beendet

Nach knapp zwei Monaten haben Experten die Bergung eines in der Travemündung bei Lübeck entdeckten rund 400 Jahre alten Frachtseglers aus der Spätzeit der Hanse beendet. Wie die Lübecker Stadtverwaltung mitteilte, wurde am Montag als letztes Wrackteil das etwa fünf Meter lange Ruderblatt geborgen. Unter Wasser liegen nur noch die um das Wrack verstreuten Fässer der Ladung sowie Holzteile.

Den Fund des bei Vermessungsarbeiten in der Travemündung entdeckten Schiffs aus dem 17. Jahrhundert hatten die Behörden vor einem Jahr bekannt gegeben. Anfang Juni begannen Archäologen und Mitarbeiter einer Spezialfirma mit der Bergung, die Funden sollen untersucht und für die Nachwelt erhalten werden.

Dank guter Sichtbedingungen unter Wasser sowie wenigen witterungsbedingten Unterbrechungen seien die ursprünglich auf rund drei Monate veranschlagten Arbeiten deutlich schneller vorangeschritten als geplant, teilte die Stadt  mit. Es lägen inzwischen auch erste weitere Erkenntnisse zu dem Schiff vor.

Demnach handelt es sich bei dem gut erhaltenen Frachtsegler, der mutmaßlich um das Jahr 1650 nach einem Unglücksfall sank, um ein rund 21 bis 23 Meter langes Schiff mit mindestens zwei Masten. Die Bauweise weicht von anderen bereits bekannten Varianten ab, die zu jener Zeit auf der Ostsee im Einsatz waren. Es könnte laut Experten womöglich in Lübeck selbst entwickelt worden sein, aber auch ein Bau in den Niederlanden oder in Skandinavien scheint möglich.

An Bord fanden die Bergungsfachleute neben der aus Fässern mit Branntkalk bestehenden Schiffsladung im Heckbereich mit den mutmaßlichen Kajüten unter anderem "Reste von hochwertigen Wein- und Schnapsflaschen" sowie Scherben von Geschirr in unterschiedlichen Qualitätsstufen. Dort fand sich auch Glas von mutmaßlicher Fensterverglasung. Die Archäologen erhoffen sich durch diese und andere Funde neue Erkenntnisse über das damalige Alltagsleben.

Branntkalk diente nach Angaben der Verwaltung der schleswig-holsteinischen Stadt früher als wichtiger Grundstoff für die Bauwirtschaft, er diente etwa zur Herstellung von Mörtel. Das Schiff transportierte rund 150 Fässern mit einem Volumen von je etwa 200 Litern, das Ladungsgewicht wird auf insgesamt 60 bis 90 Tonnen geschätzt. 80 Fässer, die sich noch im Wrack befanden, sind bereits geborgen. Die im Umkreis verstreuten Fässer sollen noch folgen.

Das Schiff dürfe "schon jetzt als einzigartiges Zeugnis frühneuzeitlicher Schiffsbaukunst bezeichnet" werden, erklärte Bergungsleiter Felix Rösch von der Lübecker Denkmalpflege mit Blick vor allem auf die besondere Bauweise.

Nach Angaben der Stadt gehen die Arbeiten aber auch nach dem Abschluss der Bergung aus dem Wasser weiter. Sämtliche Wrack- und Ladungsteile werden gereinigt, digital gescannt und genau dokumentiert. Aus den Hölzern werden Proben entnommen, um deren Alter und Herkunft im Labor zu analysieren. Auch andere Fundstücke werden demnach noch genauer untersucht, um Rückschlüsse zur Geschichte des Wracks sowie den historischen Handelswegen zu gewinnen.

Lübeck war vom ausgehenden Mittelalter bis in die frühe Neuzeit eine bedeutende Handelsmetropole innerhalb der Hanse. Der Aufstieg der Stadt mit Zugang zur Ostsee begann im 13. Jahrhundert, Ende des 14. Jahrhunderts war Lübeck nach Köln zeitweise die zweitgrößte deutsche Stadt. Bis Ende des 17. Jahrhunderts verlor der Städtebund der Hanse seine einst große Bedeutung.

bro/pw