Beim zweiten TV-Triell der Kandidatin und der Kandidaten für das Kanzleramt in ARD und ZDF sind vor allem SPD-Bewerber Olaf Scholz und sein CDU-Kontrahent Armin Laschet wiederholt heftig aneinandergeraten. Sowohl gleich zum Auftakt bei der Frage nach möglichen Koalitionen wie auch hinsichtlich der Durchsuchungen am Donnerstag im Bundesfinanzministerium warf am Sonntagabend vor allem Scholz Laschet vor, Sachverhalte zu verzerren. Grünen-Chefin Annalena Baerbock drängte auf einen Aufbruch nach den Jahren der großen Koalition.
Im Verlauf des Dreiergesprächs unterbrachen sich am Sonntagabend vor allem Laschet und Scholz wiederholt gegenseitig. Bei der Koalitionsfrage nannte der CDU-Chef seinen SPD-Konkurrenten "unredlich", weil dieser sich hinsichtlich eines möglichen Bündnisses mit der Linkspartei nicht festlege. Laschet wiederum musste sich wegen der Bundestagskandidatur des wiederholt mit rechtspopulistischen Äußerungen aneckenden CDU-Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen rechtfertigen.
Sehr scharf wurde der Ton auch, als Laschet Scholz wegen des Ermittlungsverfahrens gegen Mitarbeitende der Geldwäsche-Einheit FIU attackierte, das zu den Durchsuchungen im Ministerium geführt hatte. Hier war es der SPD-Mann, der Laschet vorhielt, von ihm würden "bewusst Dinge verdreht".
Etwas sachlicher ging es meist bei konkreten Inhaltsfragen zu. Beim Klima-Komplex beharkten sich Scholz und Laschet allerdings zunächst ebenfalls und warfen einander Fehler vor, was Baerbock eine Steilvorlage gab: Die beiden Männer hätten ja nun mit ihrer "Vergangenheitsbewältigung" klar gemacht, "warum wir beim Klimaschutz da stehen, wo wir stehen".
Baerbock betonte Klimaschutz als zentrale Aufgabe der neuen Bundesregierung. Sie bekräftigte die Forderungen nach einem Vorziehen des Kohleausstiegs und einem Abschied von Pkw mit Verbrennungsmotor bis 2030. "Diese Regierung ist die letzte, die noch Einfluss auf die Klimakrise nehmen kann", drängte sie zum Handeln.
Auch Scholz pochte auf mehr Ökostrom, warb insgesamt aber für einen "moderaten Weg" beim Klimaschutz. Laschet sagte, "die Reihenfolge war falsch", erst aus der Atomkraft und dann aus der Kohleverbrennung auszusteigen.
In der Sozialpolitik lagen Scholz und Baerbock eindeutig näher beieinander als bei Laschet. So drängten beide erneut auf einen Mindestlohn von zwölf Euro. Auch will Laschet am Nebeneinander von privater und gesetzlicher Krankenversicherung festhalten, während Scholz und Baerbock sich für eine Bürgerversicherung aussprachen.
Alle drei wollen sich für mehr bezahlbaren Wohnraum einsetzen, jedoch auf unterschiedlichen Wegen. Laschet sagte, nötig seien in erster Linie schlicht mehr Wohnungen. Baerbock hält jedoch auch Mietpreisobergrenzen in großen Städten für unverzichtbar. Scholz will beides miteinander verbinden.
Viele andere Fragen, auch solche, die sich die Kandidierenden selbst untereinander stellten, blieben offen - auch weil das Moderationsteam aus Zeitmangel zum nächsten Thema springen musste.
Erste Meinungsumfragen sahen Scholz nach der Sendung klar vorn. 41 Prozent der Zuschauerinnen und Zuschauer bewerteten den SPD-Bewerber in einer Umfrage des Instituts Infratest dimap für die ARD als den überzeugendsten. Bei der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF äußerten 32 Prozent, dass sich Scholz sich am besten geschlagen habe.
Deutlich auseinander gingen die Bewertungen der beiden anderen Diskutierenden. Bei Infratest dimap lag Laschet mit 27 Prozent knapp vor Baerbock mit 25 Prozent. Bei der Forschungsgruppe Wahlen lag hingegen Baerbock mit 26 Prozent auf dem zweiten Platz vor Laschet mit 20 Prozent. Bei den befragten Frauen führte Baerbock hier sogar mit 29 Prozent vor Scholz mit 28 Prozent und Laschet mit nur 17 Prozent.
by Von Benno König und Christina NEUHAUS