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Bayerische Opposition macht in Flugblattaffäre um Aiwanger weiter Druck

In der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus der Schulzeit von Landeswirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hält die bayerische Opposition wenige Wochen vor der Landtagswahl den Druck auf Regierungschef Markus Söder (CSU) aufrecht. FDP-Fraktionschef Martin Hagen bot seine Partei am Mittwoch als Koalitionspartner an, während die Grünen Aiwangers Rücktritt forderten.

Aiwanger selbst meldete sich derweil in einem kurzen Beitrag im Onlinedienst X, ehemals Twitter, zu Wort. "Schmutzkampagnen gehen am Ende nach hinten los", schrieb er dort augenscheinlich mit Blick auf die gegen ihn gerichteten Verdächtigungen. Weitere Angaben machte er nicht.

"Wenn Markus Söder noch bundespolitische Ambitionen hat, kann er sich keinen Stellvertreter leisten, der braune Flecken in seiner Vita hat und einen ehrlichen, selbstkritischen Umgang damit verweigert", sagte Hagen der Mediengruppe Bayern. "Die CSU wird einen neuen Partner brauchen." Vor diesem Hintergrund sei "ein bürgerliches schwarz-gelbes Bündnis" für Bayern seiner Meinung nach "das Beste", fügte der FDP-Fraktionschef an.

Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze erneuerte ihre Kritik am Umgang Söders mit der Affäre und sprach sich für Aiwangers Rücktritt aus. "Hubert Aiwanger ist nicht mehr tragbar", sagte sie den Sendern RTL und ntv. "Ich finde, Markus Söder duckt sich da weg." Die Affäre scheide dem Ansehen des Bundeslandes Bayerns, sie erwarte vom Ministerpräsidenten daher "Klarheit".

Söder hatte Aiwanger bei einer Krisensitzung des Koalitionsausschusses von CSU und Freien Wählern am Dienstag nach eigenen Angaben einen Katalog von 25 Fragen zu dem Flugblatt übergeben, die dieser schriftlich beantworten soll. Zugleich hielt er vorerst weiter an seinem Vizeregierungschef fest. Eine Entlassung wäre nach jetzigem Sachstand ein "Übermaß", sagte Söder.

Der Regierungschef und CSU-Vorsitzende machte zugleich deutlich, dass dies "kein Freispruch" sei und er noch "viele" offene Fragen sehe, die Aiwanger nun vollständig aufklären müsse. Eine Frist nannte Söder aber nicht. Die Opposition warf dem Ministerpräsidenten bereits am Dienstag Schwäche vor und forderte Konsequenzen. SPD, Grüne und FDP beantragten gemeinsam eine Sondersitzung des bayerischen Landtags, in der sich Aiwanger erklären soll.

Aiwanger stand laut "Süddeutscher Zeitung" in seiner Schulzeit in den 80er Jahren im Verdacht, ein antisemitisches Flugblatt verfasst und verteilt zu haben. Exemplare sollen in seinem Schulranzen gefunden worden sein. Der Parteichef der Freien Wähler erklärte am Wochenende, nicht dessen Urheber gewesen zu sein. Parallel übernahm sein Bruder dafür die Verantwortung.

In Bayern wird in fünfeinhalb Wochen ein neuer Landtag gewählt. Die CSU regiert derzeit gemeinsam mit den Freien Wählern. Söder will die Koalition nach eigenen Angaben trotz der Affäre fortsetzen. Die Zusammenarbeit laufe "gut", sagte er am Dienstag. Zugleich deutete er an, dass dies auch ohne Aiwanger denkbar sie. Koalitionen hingen "nicht an einer einzigen Person".

Hagen und SPD-Spitzenkandidat Florian von Brunn erinnerten am Mittwoch mit Blick auf Aiwanger auch an dessen Auftritt bei einer Demonstration in Erding im Juni. Vor tausenden Menschen hatte er dort davon gesprochen, dass "endlich die schweigende, große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss". Ihm wurde daraufhin das Schüren antidemokratischer und rechtspopulistischer Ressentiments vorgeworfen.

Aiwangers damaliger Auftritt zeige, dass dieser "keine roten Linien" kenne und im Ringen um politische Zustimmung "sehr demagogisch" unterwegs sei, sagte von Brunn im Deutschlandfunk. Das sei gefährlich. Ähnlich äußerte sich Hagen gegenüber der Mediengruppe Bayern. "Dass ein stellvertretender Ministerpräsident sich so äußert, ist brandgefährlich", sagte er weiter.

Aus der Bundespolitik kamen erneut Forderungen nach einer Aufklärung. Die Vorwürfe seien "sehr bedrückend", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch zum Abschluss der Kabinettsklausur in Meseberg. Es dürfe "nichts vertuscht und verwischt" werden. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) bezeichnete den Umgang Aiwangers mit den Berichten als "unaufrichtig".

bro/cfm