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Bankenverband sieht keine grundlegende Gefahr für Standort Deutschland

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) sieht keine grundsätzlichen Gefahren für den Wirtschaftsstandort Deutschland, hält aber zusätzliche Maßnahmen zu dessen Stärkung für dringend geboten. Er glaube nicht, dass "der Standort Deutschland scheitert oder wir der kranke Mann Europas sind", sagte BdB-Hauptgeschäftsführer Heiner Herkenhoff der "Welt am Sonntag". Die Bundesregierung müsse die bestehenden Probleme aber dringend angehen, damit die Unternehmen wieder investierten. 

Die Lage sei zwar nicht so schlecht, wie viele behaupteten, sagt Herkenhoff weiter. Es gebe aber grundlegende Probleme. Konkret nannte er "die überbordende Bürokratie, die hohen Energiekosten" und "den eklatanten Mangel an Arbeitskräften". Letzteres betreffe nicht nur Fachkräfte, sondern auch Arbeitskräfte allgemein.

Zurückhaltend zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung äußerte sich die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. "Wir sind erst einmal in einer Stagnationsphase", sagte sie der Funke Mediengruppe. Dabei sei unerheblich, ob das Wachstum letztlich "knapp über oder unter der Nulllinie" liege. Auf jeden Fall müssten sich die Menschen in Deutschland in einer Phase mit sehr geringem oder sogar negativem Wachstum auf reale Einbußen einstellen.

Grimm warf der Ampel-Regierung fehlenden Mut vor, den Menschen diesbezüglich die Wahrheit zu sagen und auch was die Kosten des Umbaus der Wirtschaft zur Klimaneutralität angehe. Auch handele die Regierung zu zögerlich: "Man schielt immer auf die nächste Wahl, bei der man abgestraft werden kann, und traut sich nicht, das Notwendige zu tun", sagte die Wirtschaftswissenschaftlerin. Zu einem Industriestrompreis äußerte sich Grimm kritisch.

Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Möller, trat Befürchtungen einer drohenden Deindustrialisierung aufgrund der hohen Energiepreise entgegen. Er sei "zuversichtlich, dass es gelingen kann, unsere Industrie in wenigen Jahren mit genug klimaneutraler Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen zu versorgen und eine Deindustrialisierung zu verhindern", sagte Müller der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Auch viele Unternehmen sagten dazu: "Wir schaffen das", hob Müller hervor. Zur Überbrückung drang der Netzagentur-Chef allerdings ebenso wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf einen Industriestrompreis, um besonders betroffene Unternehmen zu entlasten. Dagegen wehren sich bisher Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).

bk/bro