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Ballettchef der Staatsoper Hannover begründet Kotattacke mit jahrelanger Kritik

Der nach einer Attacke mit Hundekot auf eine bekannte Zeitungskritikerin suspendierte Ballettdirektor der Staatsoper Hannover, Marco Goecke, hat seine Tat mit jahrelangen negativen Berichten über seine Arbeit erklärt. "Es gibt einen Moment, wo ich mich persönlich angegriffen fühle", sagte Goecke dem Norddeutschen Rundfunk (NDR). Die Kritiken seien "unterste Schublade". Er räumte mit Blick auf seine Attacke zugleich ein, dass die "Wahl der Mittel sicher nicht super war".

Goecke war am Montag von der Staatsoper der niedersächsischen Hauptstadt mit sofortiger Wirkung suspendiert und mit einem Hausverbot belegt worden, nachdem er am Samstagabend bei einer Ballettpremiere die Journalistin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) im Foyer konfrontiert und ihr bei einer Auseinandersetzung Hundekot ins Gesicht geschmiert hatte. Sie erstattete Anzeige, die Polizei ermittelt daher unter anderem wegen Körperverletzung.

Er sei "ein bisschen erschrocken über mich selbst", fügte Goecke mit Blick auf seine Attacke im NDR an. Aber er sehe sich und seine Arbeit durch die Betroffene "über Jahre" hinweg "beschmutzt". Er bekomme oft gesagt, dass dies ein "Preis" sei, den ein in der Öffentlichkeit stehender Mensch zahlen müsse. Er sei aber "ab einem gewissen Punkt" anderer Meinung.

Die Kritiken seien selbst "auf dem Niveau eines Scheißhaufens", fügte der Künstler in dem Interview an. Die Hundekotattacke erklärte er dabei zugleich mit einem "Zufall" und "sehr unglücklichen Verstrickungen". Er habe während der Konfrontation gerade eine Tüte mit Hinterlassenschaften seines Hunds bei sich gehabt, die er eigentlich nur habe entsorgen wollen.

Hintergrund für Goeckes Übergriff war demnach eine erst wenige Tage zuvor erschienene Kritik der Journalistin über eine Choreografie Goeckes, die derzeit vom renommierten Nederlandse Dans Theater aufgeführt wird. In dem Artikel, der unter anderem auch im Internet nachzulesen ist, nannte sie die Inszenierung eine "Blamage und eine Frechheit" und schrieb, die Zuschauer würden dabei "abwechselnd irre und von Langeweile umgebracht".

Parallel zur Suspendierung forderte die Staatsoper von Goecke am Montag eine Entschuldigung und stellte zudem "weitere Schritte" in Aussicht. Der Chefchoreograf und Ballettdirektor habe durch seine "impulsive Reaktion" gegenüber der Journalistin "gegen alle Verhaltensgrundsätze der Staatsoper Hannover verstoßen", die Betroffene "persönlich zutiefst beleidigt" und Mitarbeiter sowie Öffentlichkeit "auf das Extremste verunsichert", hieß es in einer Mitteilung. Er habe der Staatsoper dadurch "massiv geschadet". 

Die Betroffene arbeitet für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", die das Geschehen am Wochenende als erstes Medium öffentlich machte. Das Blatt schrieb von einem "demütigenden Akt" sowie einer "Grenzüberschreitung", die das "gestörte Verhältnis eines Kunstschaffenden zur Kritik" offenbare. Demnach soll sich Goecke durch eine Rezension der Mitarbeiterin zu der Premiere in den Niederlanden provoziert und die Frau außerdem für Kündigungen von Abonnements an der Staatsoper in Hannover verantwortlich gemacht haben.

Goecke ist ein preisgekrönter Choreograf, der an vielen Ballettbühnen im In- und Ausland arbeitet. Seit 2019 ist der 50-Jährige Ballettdirektor des Staatsballetts Hannover, das zur dortigen Staatsoper gehört. Im Lauf seiner Karriere entwickelte er nach Angaben des Theaters bereits mehr als 60 Choreografien, die zum Repertoire von Ensembles von Paris über Berlin bis Zürich gehören. Im vergangenen Jahr erhielt er den Deutschen Tanzpreis.

bro/cfm