Außenministerin Annalena Baerbock hält das NATO-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben für nicht mehr ausreichend. Bei ihrer Eröffnungsrede auf dem Wirtschaftsgipfel der "Süddeutschen Zeitung“ betonte die 43-Jährige, dass die aktuellen geopolitischen Herausforderungen eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben notwendig machen. Deutschland und Europa müssten mehr investieren, Putin lauert auf einen Angriff - so ist die Lage:
Neben finanziellen Mitteln seien auch materielle Verstärkungen erforderlich, die gemeinsam mit internationalen Partnern umgesetzt werden sollten. Baerbock plädierte dafür, in Sicherheit groß zu investieren, um auch die Zusammenarbeit mit transatlantischen Partnern zu stärken. Die Ministerin forderte zudem die Opposition, insbesondere die Unionsparteien, auf, Unterstützungsbeschlüsse für die Ukraine mitzutragen. "Es geht jetzt darum, alles zu mobilisieren, was die Ukraine braucht“, sagte Baerbock. Sie rief die Union auf, Anträge zur Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung und zur Unterstützung mit westlichen Waffen zur Zerstörung russischer Nachschubwege zu bewilligen. Laut Baerbock stehe man in diesem Zusammenhang in engem Austausch mit den USA. "Wir müssen in entscheidenden Momenten das Richtige tun, nicht das Bequemste“, so die Ministerin.
Eine aktuelle Studie weist ebenfalls darauf hin, dass das Zwei-Prozent-Ziel allein nicht ausreiche, um Europa ohne die USA verteidigungsfähig zu machen. Florian Dorn vom Ifo-Institut erklärte, dass die Verteidigungsbudgets vieler europäischer Länder, einschließlich Deutschlands, über Jahre hinweg zu niedrig gewesen seien. Für Deutschland schätzt er eine Investitionslücke von etwa 230 Milliarden Euro, um die Verteidigungsziele zu erreichen. In Italien und Spanien liegen die Defizite bei 120 und 80 Milliarden Euro. Nur Polen und Großbritannien haben in Europa seit den 1990er-Jahren kontinuierlich mehr als zwei Prozent in die Verteidigung investiert.
Da Löhne und Ausrüstungskosten in Europa teurer sind als in Russland oder China, kann Russland für den gleichen Betrag mehr ausgeben, erläuterte der Ifo-Forscher. Um die Verteidigungsfähigkeiten in Europa nachhaltig zu stärken, sei daher ein glaubwürdiger Plan erforderlich, der sowohl die Kapazitäten erhöht als auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Haushaltsstabilität berücksichtigt.