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Baerbock unterstreicht Führungsanspruch der Grünen

Partei will erst kommendes Jahr über Spitzenkandidatur entscheiden

Grünen-Chefin Annalena Baerbock hat mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr das Streben ihrer Partei nach einer führenden Rolle in der nächsten Bundesregierung unterstrichen. "Wir haben als progressive, gestaltende Kraft einen Führungsanspruch für dieses Land", sagte Baerbock den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag. Sie kündigte zudem an, ihre Partei wolle anders als die SPD erst im kommenden Jahr über ihre Spitzenkandidaten entscheiden.

Zu der frühen Nominierung von Finanzminister Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten der SPD sagte Baerbock: "Unser Weg ist das nicht." Die Entscheidung über alle wahlstrategischen Fragen würden die Grünen "rechtzeitig vor dem Wahlkampf" im kommenden Jahr treffen.

Das Wort "Kanzlerkandidatur" gebrauchte Baerbock trotz mehrfacher Nachfragen in dem Interview nicht. "Wir sind als Partei geschlossen, Robert Habeck und ich arbeiten gut im Team zusammen und konzentrieren uns jetzt auf unsere Aufgaben. So werden wir das in den nächsten Monaten weiter tun", hob sie mit Blick auf ihren Ko-Parteivorsitzenden und sich selbst hervor.

Sowohl Habeck wie auch Baerbock gelten als mögliche Kanzlerkandidaten der Grünen. Bislang hat die Partei jedoch nicht darüber entschieden, ob sie überhaupt einen Kanzlerkandidaten oder eine Kandidatin aufstellen will oder wie bisher mit einem Spitzenduo ins Rennen geht - dieses dürfte dann voraussichtlich aus Baerbock und Habeck bestehen.

Zu den Diskussionen in der SPD über ein mögliches rot-rot-grünes oder auch grün-rot-rotes Bündnis nach der Wahl sagte Baerbock: "Wir schließen keine demokratische Option aus." Derzeit änderten sich allerdings wöchentlich die Umfragen und damit auch die Möglichkeiten für eine Regierungsbildung. Deshalb gelte für sie: "Koalitionsdebatten stehen bei einer Wahl am Ende, und nicht am Anfang."

Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hatten sich vergangene Woche offen für ein Bündnis mit Grünen und Linkspartei gezeigt, möglicherweise auch unter Führung der Grünen. Scholz äußerte sich allerdings später skeptisch zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der Linken und äußerte Zweifel an deren Regierungsfähigkeit.

Esken stellte sich gleichwohl noch einmal ausdrücklich hinter Scholz. "Wir haben Vertrauen zueinander entwickelt", sagte die Parteilinke der Berliner "tageszeitung" vom Samstag. Zu einem Bündnis mit der Linkspartei sagte Esken, auch für sie sei eine verlässliche Sicherheits- und Außenpolitik "eine unserer harten Bedingungen".

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch trat Bedenken wegen einer außen- und verteidigungspolitischen Unzuverlässigkeit seiner Partei entgegen. "Die Linke wird die Nato nie auflösen", sagte er im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks. Auch in der Frage von Auslandseinsätzen der Bundeswehr zeigte er sich diskussionsbereit. In der Außenpolitik gebe es Schnittmengen mit vielen Politikern der SPD.

In den meisten Meinungsumfragen liegen die Grünen derzeit zwischen 18 und 20 Prozent und damit mit deutlichem Abstand hinter der Union auf Platz 2. Für die SPD werden Werte zwischen 14 und 18 Prozent vorhergesagt. Mögliche Regierungsmehrheiten gäbe es nach derzeitigem Stand demnach für Schwarz-Grün oder für eine Neuauflage des Bündnisses von Union und SPD, nicht jedoch für Rot-Rot-Grün.

by Tobias SCHWARZ