Der Kampf gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas muss nach Worten von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock "mit größtmöglicher Rücksicht auf die humanitäre Situation" im Gazastreifen geführt werden. Der Terror sei "das Grundübel", sagte Baerbock am Samstag in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Zugleich werde "neues großes Leid unter der Zivilbevölkerung in Gaza nicht nur den Nährboden für neuen Terrorismus schaffen, sondern auch jegliche bisher erreichte Annäherungsschritte mit den arabischen Nachbarn der letzten Monate in Gefahr bringen", warnte sie.
Dieses Kalkül der Terroristen dürfe nicht aufgehen, sagte Baerbock. "Daher muss der Kampf gegen Hamas mit größtmöglicher Rücksicht auf die humanitäre Situation, auf unschuldige Frauen, Kinder, Männer, geführt werden." Baerbock sprach von einem "Dilemma, das nur schwer aufzulösen ist" und rief dazu auf, zwischen Terroristen und Zivilbevölkerung zu unterscheiden: "Der Kampf richtet sich gegen Hamas und nicht gegen die Palästinenser." Sie betonte zugleich erneut, dass Israel das Recht habe, sich "im Rahmen des Völkerrechts gegen diesen grauenvollen Hamas-Terror zu wehren" sowie "die Pflicht, seine Bevölkerung zu schützen".
In Kairo führte Baerbock nach eigenen Angaben Gespräche mit dem türkischen und dem ägyptischen Außenministern sowie dem Generalsekretär der Arabischen Liga, bei denen es unter anderem um die Freilassung der von der Hamas verschleppten deutschen Geiseln ging. "Uns sind acht Fälle bekannt", sagte Baerbock. Sie habe am Freitag bei ihrem Besuch in Israel "intensiv mit den Angehörigen gesprochen"; die Botschaft vor Ort und das Krisenzentrum in Berlin stünden in ständigem Kontakt mit den Familien. Die Freilassung der Geiseln sei "ein Gebot der Menschlichkeit".
Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, teilte am Samstag im Onlinedienst X ein Video einer Frau, deren Schwester Yarden demnach von den Hamas-Kämpfern verschleppt wurde. "Wir denken ständig an Yarden und die anderen deutschen Bürger, die vermisst werden und deren Entführung befürchtet wird. Wir sind für ihre Familien da", schrieb Seibert. "Es kann an die Hamas nur eine Forderung geben: Behandelt sie menschlich und lasst sie frei. Jetzt."
Die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas hatte Israel vor einer Woche mit tausenden Raketen und hunderten Kämpfern angegriffen. Die Kämpfer richteten in mehreren Orten Süd-Israels ein Blutbad an und töteten insgesamt mehr als 1300 Menschen. Etwa 150 Menschen wurden als Geiseln in den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen verschleppt.
Israel bombardiert den Gazastreifen seither nahezu ununterbrochen und droht mit einer baldigen Bodenoffensive, um die Hamas komplett zu zerstören. Bei den Angriffen auf den Gazastreifen wurden bisher nach Angaben der dortigen Behörden mehr als 2200 Menschen getötet. Hunderttausende Palästinenser sind auf der Flucht.
Neben der Freilassung der Geiseln und der humanitären Lage im Gazastreifen stand nach Angaben von Baerbock auch die Ausreise von Deutschen aus dem Palästinensergebiet im Fokus ihrer Gespräche. Mit Ägypten und Israel arbeite sie an einer Lösung für die Ausreise aus dem Gazastreifen über den Grenzübergang Rafah nach Äygpten.
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