Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat auf einem Wahlparteitag in Berlin um die noch unentschlossenen Wählerinnen und Wähler geworben. "Jeder dritte ist noch unentschieden, das sind 20 Millionen Menschen", sagte Baerbock am Sonntag. Für den angestrebten grünen Wahlsieg brauche ihre Partei "noch deutlich mehr Stimmen", räumte Baerbock zugleich ein. Der großen Koalition warf sie eine "naive Politik" und Angst vor Veränderungen vor.
"Diese Wahl entscheidet über die letzte Regierung, die noch aktiv Einfluss auf die Klimakrise nehmen kann", sagte Baerbock in ihrer Rede. Deswegen müsse die nächste Bundesregierung eine "Klimaregierung" sein, was nur mit den Grünen möglich sei. Der regierenden GroKo warf Baerbock mit Blick auf die verheerenden Hochwasser im Sommer eine "naive Politik" vor, die "immer vom geringsten Risiko ausgeht und dann von den Katastrophen überrollt wird".
Veränderung erfordere Mut, "aber das größte Risiko ist, nichts zu tun", sagte Baerbock weiter. Sie betonte die Notwendigkeit, beim Klimaschutz auf die Sorgen und Ängste der Menschen einzugehen. Die Frage der Gerechtigkeit dürfe nicht gegen den Klimaschutz gestellt werden, sagte Baerbock. "Das geht Hand in Hand", sagte sie und verwies auf die grün-geführte Regierung in Baden-Württemberg.
Dem eintägigen Parteitag liegt ein Programm für eine sozial gerechte Klimawende vor, über das am Nachmittag abgestimmt werden soll. Ein Aufbruch für soziale Gerechtigkeit bedeute "als allererstes, den Mindestlohn auf zwölf Euro anzuheben", sagte Baerbock. Eine weitere Priorität sei der Kampf gegen Kinderarmut. Deutschland sei eines der reichsten Länder und trotzdem lebe jedes fünfte Kind in Armut.
Der GroKo warf Baerbock vor, aus "Panik" vor Veränderungen viel Zeit verschwendet und nichts für ein "modernes, klimagerechtes Deutschland" getan zu haben. "Es waren leider vergeudete Jahre", so ihr Vorwurf an die Adresse von CDU/CSU und SPD.
Die Grünen kämpfen in der Schlussphase des Wahlkampfs gegen ein seit einiger Zeit anhaltendes Umfragetief. Aktuell liegen sie zwischen 15 und 17 Prozent und damit auf Platz drei hinter SPD und CDU/CSU.
by Odd ANDERSEN