Als Konsequenz aus dem Strafprozess wegen mutmaßlicher sexueller Nötigung gegen den Polizeiinspekteur des Landes Baden-Württemberg schafft die Regierung in Stuttgart das Amt ab. Wie Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) am Dienstag vor Journalisten sagte, wird die Position an der Polizeispitze im Rahmen einer Aufgabenumstrukturierung gestrichen. Zudem wird eine Stabsstelle für Führungs- und Wertekultur geschaffen, welche die Beförderungspraxis in Polizei und Innenverwaltung untersucht.
Nach Angaben Strobls werden die Aufgaben des Landespolizeiinspekteurs künftig zwischen dem Landeskriminaldirektor und dem Polizeidirektor aufgeteilt. Damit sei zugleich auch klar, dass der am Freitag vom Landgericht Stuttgart aus Mangel an Beweisen vom Vorwurf der sexuellen Nötigung freigesprochene Amtsinhaber Andreas R. nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückkehre werde.
R. ist derzeit suspendiert, aber noch im Amt. Ihm wurde vorgeworfen, eine Polizeibeamtin, die sich in einem internen Auswahlverfahren für den höheren Polizeidienst befand, 2021 vor einer Fußballkneipe zu sexuellen Handlungen genötigt und dabei die berufliche Abhängigkeit der Frau ausgenutzt zu haben.
Die Beamtin zeigte ihn an, es kam zum Prozess. Das Stuttgarter Landgericht kam am Ende allerdings zu dem Schluss, dass der Sachverhalt abschließend nicht aufklärbar und daher im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden sei. Es sprach A. am Freitag frei. Zur Begründung verwies das Gericht dabei auf Widersprüche und mehrfache Korrekturen in den Aussagen der Polizeibeamtin.
Strobl sagte, die Abschaffung des Amts des Polizeiinspekteurs sei Teil eines größeren Transformationsprozesses innerhalb der Polizei. Als weitere Maßnahme wird demnach auch die Stelle einer Vertrauensanwältin für Fälle sexueller Belästigung eingerichtet, an die sich Betroffene in Zukunft wenden können.
Mit dem Freispruch vom Freitag ist das Verfahren noch nicht zwangsläufig beendet, möglich ist noch ein Revisionsprozess. R. droht zudem auch noch ein beamtenrechtliches Disziplinarverfahren. Im baden-württembergischen Landtag befasst sich außerdem ein Untersuchungsausschuss mit der Affäre und der Frage, ob bei der Beförderung von R. zum ranghöchsten Landespolizisten alles korrekt zuging.
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