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Auswärtiges Amt: "Allermeisten" Bewohner könnten aus Bergkarabach fliehen

Nach dem aserbaidschanischen Militäreinsatz in Bergkarabach befürchtet das Auswärtige Amt, dass fast alle Menschen aus der Region fliehen könnten. "Seit Tagen füllen Autokonvois mit Zehntausenden die Straße von Bergkarabach nach Armenien", sagte Robin Wagener, Koordinator für die Zusammenarbeit mit dem Südkaukasus, dem digitalen Medienhaus "Table.Media" (Freitag). "Wir müssen befürchten, dass sich die allermeisten Bewohner in den kommenden Tagen anschließen, was auf ein fast menschenleeres Bergkarabach hinauslaufen könnte".

Aserbaidschan habe "trotz laufender Friedensverhandlungen mit Armenien" auf die militärische Karte gesetzt und Tatsachen geschaffen, sagte der Grünen-Politiker Wagener. "Viele Bewohner von Bergkarabach sehen keine Zukunft in Sicherheit mehr für sich in ihrer Heimat."

Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, es leben dort aber überwiegend ethnische Armenier. Die Region hatte sich 1991 nach einem international nicht anerkannten und von der aserbaidschanischen Minderheit boykottierten Referendum für unabhängig erklärt.

Nach der Niederlage der pro-armenischen Kräfte gegen Aserbaidschan hatte die Führung von Bergkarabach am Donnerstag die Auflösung der selbsternannten Republik verkündet. Seitdem haben zehntausende Menschen die Region Richtung Armenien verlassen. Inzwischen seien mehr als 70.000 Menschen und damit mehr als die Hälfte der Bevölkerung Bergkarabachs nach Armenien geflohen, teilte die Regierung in Eriwan am Donnerstag mit. Ursprünglich lebten dort rund 120.000 ethnische Armenier.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) arbeite "zusammen mit unseren Partnern daran, dass endlich Beobachter nach Bergkarabach entsendet werden können", sagte Wagener. 

Aserbaidschan sei zwar ein bedeutender Energiekorridor Richtung Europa, "gleichzeitig müssen wir Baku aber klarmachen, dass eine weitere militärische Eskalation nicht folgenlos bleiben würde", mahnte er. Deutschland unterstütze die demokratisch gewählte Regierung Armeniens,  "Destabilisierungsversuche (...) sind inakzeptabel", fügte er hinzu.

kbh