Baerbock unter Druck! In den letzten Tagen haben Grünen-Politiker die europäische Reform des Asylsystems (GEAS) heftig kritisiert. Deshalb nimmt der Frust über den Asylkurs von Annalena Baerbock (42, Grüne) immer weiter zu. Der Vorwurf lautet, die Außenministerin habe mit ihrer Zustimmung zu strengeren EU-Asylregeln Vereinbarungen gebrochen und sich gegen grüne Grundwerte gestellt. Zerbricht die Partei an dem aktuellen Druck in der Regierung?
Nun hat der ehemalige Grünen-Vorsitzende Jürgen Trittin (68, Grüne) aufgrund des internen Streits einen Sonderparteitag ins Gespräch gebracht. Obwohl ein solcher Parteitag die Grünen über Monate hinweg blockieren könnte, so Trittin gegenüber dem Magazin “Stern”, gehe es hier um die grüne DNA. Hintergrund ist der Beschluss der EU-Innenminister aus der vergangenen Woche, der vorsieht, Asylverfahren teilweise an die EU-Außengrenzen zu verlagern und deutlich zu beschleunigen. Zudem sollen weitere Länder zu sogenannten sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Das Ziel besteht darin, die Zahl der Einreisen von Geflüchteten zu verringern.
Trittin fordert, dass “Familien und Kinder, so wie es ursprünglich vereinbart war, von den Verfahren an den EU-Außengrenzen ausgenommen werden”. Er sieht auch keine andere Möglichkeit, um eine unerwünschte Eskalation des Konflikts in Fraktion und Partei zu verhindern, so der Grünen-Außenpolitiker.
Der Europaabgeordnete Erik Marquardt (35, Grüne) hält es ebenfalls für einen “Fehler”, der “Asylreform in dieser Form zuzustimmen”, wie er dem “Stern” sagte. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Julian Pahlke bezeichnete die Beschlüsse der EU-Innenminister sogar als “historische Schande”. Fakt ist: Am Wochenende findet der Grünen-Parteitag, der sogenannte Länderrat, statt. Dort wird weiter über die EU-Asylverschärfung diskutiert! EU-Politiker Erik Marquardt sagte gegenüber BILD: “Es bedarf einer klaren Entscheidung auf dem Länderrat in Bad Vilbel am Wochenende, damit die Basis merkt, dass Kritik ernst genommen und diskutiert wird.” Ein Sonderparteitag wäre “organisatorisch nicht innerhalb von zwei Wochen möglich”. Marquardt fügte hinzu: “In einer guten Ehe gibt es Streit. Aber man muss schauen, wie man wieder zusammenkommt. Es steht außer Frage, dass die Grünen sich wünschen, dass im Europarlament Einfluss auf die EU-Asylreform genommen wird.”
Astrid Rothe-Beinlich (49), Fraktionschefin der Grünen im Thüringer Landtag, sagte zu BILD über den Länderrat: “Hier hoffe ich auf einen klaren Beschluss der Partei zu GEAS.” Aus ihrer Sicht beinhalte die Reform “gravierende Eingriffe zulasten des im Grundgesetz verankerten Asylrechts, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Kinderrechte”. “Insofern hoffe ich, dass die Partei die bisherige Einigung im Sinne von Kinder- und Menschenrechten nicht mitträgt”, fügte Rothe-Beinlich hinzu. Auf einer Pressekonferenz am Montag ließ Grünen-Chefin Ricarda Lang (29) verlauten, dass sie den derzeitigen Reformvorschlag für GEAS nicht akzeptieren werde. “Ich komme zu dem Schluss, dass der Vorschlag für die GEAS-Reform, wie er jetzt vorliegt, dem Leid an den Außengrenzen nicht gerecht wird und auch nicht zu geordneten Verfahren führt.” Lang ergänzte: “Wir werden das am Wochenende gemeinsam auf unserem Länderrat diskutieren. Als Bundesvorstand werden wir einen aktualisierten Vorschlag für einen Antrag vorlegen.” Das bedeutet: Der Asylkonflikt bei den Grünen geht am Wochenende in die nächste Runde…
