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Aufständische besetzen Hauptstadt der äthiopischen Konfliktregion Tigray

Von Addis Abeba eingesetzte Übergangsregierung aus Mekele vertrieben

In der äthiopischen Konfliktregion Tigray haben Aufständische die Hauptstadt Mekele besetzt und die Übergangsregierung in die Flucht geschlagen. Soldaten, die der früheren abtrünnigen Regionalregierung von Tigray die Treue halten, marschierten am Montag in die Stadt ein, wie ein Vertreter der Übergangsregierung sowie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichteten.

Zuvor hatte es aus der von Äthiopiens Regierungschef Abiy Ahmed eingesetzten Regionalregierung bereits geheißen, diese habe ihren Sitz in Mekele verlassen. Die Kämpfer der Tigray-Verteidigungstruppen (TDF) hatten die Stadt demnach zunächst umzingelt.

Alle hätten Mekele "verlassen. Die letzten gingen am Nachmittag", sagte ein Vertreter der Übergangsregierung, der anonym bleiben wollte. Tigray habe nun "keine Regierung" mehr. Auch ein Mitarbeiter einer Hilfsorganisation bestätigte die Flucht von Tigrays Übergangsregierung. Am Abend waren demnach Freudenschüsse in der Stadt zu hören. Augenzeugen zufolge flohen auch Soldaten und Polizisten der Zentralregierung aus Mekele, während die Einwohner der Stadt die Ereignisse feierten und auf der Straße tanzten.

Abiys Büro äußerte sich zunächst nicht zu den Berichten. Der staatsnahe Sender Fana meldete, der Chef der Übergangsregierung von Tigray, Abraham Belay, habe die Zentralregierung aufgerufen, aus humanitären Gründen einer Waffenruhe zuzustimmen, damit der Konflikt "nicht noch mehr Schaden" anrichte.

Äthiopische Regierungstruppen hatten im November die in Tigray regierende Volksbefreiungsfront TPLF angegriffen. Nach wenigen Wochen erklärte Regierungschef Abiy Ahmed die TPLF für besiegt. Seine Regierung setzte eine Übergangsverwaltung in Mekele ein. Doch auch Monate später gehen die Kämpfe weiter. Die mehr als fünf Millionen Einwohner der Region wurden deswegen fast vollständig von der Außenwelt abgeschnitten.

by Yasuyoshi CHIBA