Die umstrittene Videoplattform Tiktok kann in den USA vorerst weiter genutzt werden: Die Regierung von Präsident Donald Trump setzte das geplante Verbot von Tiktok am Donnerstag in letzter Minute aus. Grund seien "neue juristische Entwicklungen", teilte das Handelsministerium mit. Eine Bundesrichterin im Bundesstaat Pennsylvania hatte Ende Oktober eine einstweilige Verfügung gegen das Verbot erlassen. Die App hat in den USA etwa hundert Millionen Nutzer.
Das Handelsministerium verwies zugleich darauf, dass die juristischen Auseinandersetzungen um das geplante Tiktok-Verbot weitergehen. Die Richterin hatte vor zwei Wochen einer Klage von drei Influencern - durch das Internet prominent gewordenen Meinungsführer - stattgegeben. Es war der zweite juristische Rückschlag für die Regierung von Trump in der Auseinandersetzung um die App. Im September hatte bereits ein Bundesrichter in Washington auf Antrag der Betreiber der Plattform eine einstweilige Verfügung gegen das Verbot erlassen.
Mit der Verbotsverordnung von Anfang August will der inzwischen abgewählte Präsident erreichen, dass der chinesische Konzern Bytedance den US-Zweig von Tiktok an ein Unternehmen aus den USA verkauft. Die Regierung begründet ihr Vorgehen damit, dass Tiktok eine Gefahr für die "nationale Sicherheit" darstelle. Trump verdächtigt Bytedance, Tiktok für Spionage zu nutzen und Nutzerdaten an die chinesische Regierung weiterzuleiten.
Bytedance verhandelt mit dem US-Softwarekonzern Oracle und dem Einzelhandelsriesen Walmart über einen Verkauf des US-Zweigs von Tiktok. Dabei ist aber immer noch unklar, wie ein möglicher Deal zur Zukunft der Plattform in den USA aussehen könnte.
Gegenwind gibt es aus Peking: Das chinesische Handelsministerium hatte im August neue Regeln zu Exportbeschränkungen verkündet - umfasst werden dabei auch technologische Güter zur "zivilen Nutzung". Diese Vorgaben könnten für Bytedance einen Verkauf des US-Geschäfts erschweren.
Bytedance hatte in den USA erst am Dienstag weitere juristische Schritte eingeleitet, um einen 30-tägigen Aufschub zu erreichen, den die Regierung nicht gewährt habe. Nach der Ankündigung des Handelsministeriums vom Donnerstag erklärte Tiktok, dass die Videoplattform in den USA weiter darauf setze, eine Lösung zu erreichen, die den "Sicherheitsbedenken" der Regierung gerecht werde - "auch wenn wir ihnen widersprechen".
Die Plattform war 2017 durch die Zusammenlegung mit der Mitsing-App Musical.ly entstanden, die mit einer Lippensynchronisierungsfunktion für selbstgedrehte Videos erfolgreich geworden war. Tiktok-Nutzer können 15 bis 60 Sekunden lange Videos erstellen: In den Clips wird getanzt, auch enthalten sie Parodien, Sketche und viele Schönheitstipps. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz ermittelt die vor allem bei jungen Leuten populäre App Vorlieben der Nutzer und schlägt ihnen immer weitere Videos vor.
by NICOLAS ASFOURI