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Atomkonzern EDF sieht keine Gefahr eines "Unfalls mit Kernschmelze" in China

Kontrollierte Gas-Freisetzung durch Akw in China "innerhalb der Grenzwerte"

Der französische Energiekonzern Electricité de France (EDF) hat den Vorfall in einem Kernkraftwerk in China relativiert, an dessen Bau er beteiligt war. Der chinesische Betreiber des Akw in Taishan in Südchina habe "innerhalb der von der chinesischen Sicherheitsbehörde definierten Grenzwerte" kontrolliert Edelgase in die Atmosphäre abgegeben, sagte ein Konzernsprecher am Montag: "Wir haben keine Dynamik eines Unfalls mit Kernschmelze."

Der US-Fernsehsender CNN hatte zuvor über ein seit Wochen bestehendes mögliches Leck in dem Kraftwerk berichtet, an dem EDF zu 30 Prozent beteiligt ist. In dem Akw sind zwei Druckwasserreaktoren neuen Typs (European Pressurized Water Reactor, EPR) im Dienst.

EDF sprach von einem "Anstieg der Konzentration bestimmter Edelgase im Primärkreislauf" in einem der beiden Reaktoren. Ursache sei "eine Schädigung der Umhüllung einiger Brennstäbe", erklärte der EDF-Sprecher. Wie viele Brennstäbe betroffen sind, sagte er nicht. "Wir haben es nicht mit einer Kontamination zu tun, sondern mit einer kontrollierten Freisetzung", fügte er hinzu. Die freigesetzten Gase Xenon und Krypton werden bei der Kernspaltung erzeugt.

CNN hatte zuvor unter Berufung auf einen Brief des französischen Atomkonzerns Framatome an die US-Behörden berichtet, in dem Akw Taishan drohe radioaktive Strahlung auszutreten. Die chinesische Seite spiele die Gefahr aber herunter. Die US-Regierung sei dann nach einwöchiger Prüfung zu dem Schluss gekommen, die Anlage sei bisher nicht auf "Krisenniveau", hieß es bei CNN. Demnach gab es auch Gespräche zwischen Washington und der französischen Regierung über das Akw in Taishan. Warum sich der französische Konzern an die US-Behörden wandte, ist nicht bekannt.

Die beiden EPR-Reaktoren in Taishan sind bisher die einzigen weltweit, die bereits Strom liefern. Die beiden Blöcke westlich der chinesischen Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau waren 2018 und 2019 ans Netz gegangen.

Framatome gehört zum staatlich dominierten französischen Energiekonzern Electricité de France (EDF), der zu 30 Prozent an dem chinesischen Kraftwerk beteiligt ist. EDF teilte am Montag mit, in einem der beiden Reaktoren gebe es einen "Anstieg der Konzentration bestimmter Edelgase im Primärkreislauf". Das Auftreten dieser Gase sei aber "ein bekanntes Phänomen".

Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA in Wien erklärte, sie habe derzeit "keine Hinweise auf einen Strahlenvorfall". Auch das französische Institut für Strahlenschutz und Atomsicherheit (IRSN) nannte es verfrüht, von einem Atomunfall zu sprechen: "Wir kennen das Ausmaß des Phänomens nicht", betonte die stellvertretende IRSN-Direktorin Karine Herviou.

Weitere Kraftwerke mit EPR-Reaktoren werden unter anderem in Großbritannien, Frankreich und Finnland errichtet, in Indien will der französische Akw-Betreiber EDF ebenfalls eine riesige Anlage mit sechs Druckwasserreaktoren bauen, die die größte weltweit werden könnte. Die Pläne dafür waren nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima zunächst auf Eis gelegt worden.

Die Probleme mit dem EPR verdeutlicht der Neubau eines solchen Reaktors im nordfranzösischen Flamanville am Ärmelkanal, der vom Prestigeprojekt zum Debakel wurde. Zuletzt häuften sich die Sicherheitsbedenken der Pariser Atomaufsicht, die Kosten explodierten auf mehr als zwölf Milliarden Euro.

Der neue Reaktor soll nun nach zahlreichen Verzögerungen voraussichtlich Ende 2022 ans Netz gehen, zehn Jahre nach dem ursprünglich geplanten Start. In den 90er Jahren war die Technologie zusammen mit dem deutschen Siemens-Konzern entwickelt worden, dieser stieg aber später aus.

by PETER PARKS