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AstraZeneca unterbricht Impfstoff-Tests nach Erkrankung eines Probanden

Rückschlag für Pharmariesen im Rennen um Impfstoffzulassung

Der britisch-schwedische Pharmakonzern AstraZeneca hat seine klinischen Tests eines Corona-Impfstoffs vorsorglich unterbrochen, weil ein Proband erkrankt ist. Ein unabhängiger Ausschuss solle nun den Vorfall überprüfen, erklärte ein Konzernsprecher in der Nacht zum Mittwoch. Woran die Testperson erkrankt war, ließ er offen. Der gemeinsam von AstraZeneca und der Universität Oxford entwickelte Impfstoff zählt zu den wenigen weltweit, die sich bereits in der letzten Phase der klinischen Studien befinden.

Laut dem Sprecher handelt es sich um eine Routinemaßnahme, "die immer dann vorgenommen werden muss, wenn in einer Studie eine potenziell unerklärliche Krankheit auftritt". Damit solle die Zuverlässigkeit der Tests gewährleistet bleiben. Der unabhängige Ausschuss müsse nun klären, ob es sich um einen Zufall handelt oder um eine Nebenwirkung des potenziellen Wirkstoffs.

Nach Angaben des Sprechers handelt es sich um einen Einzelfall. Wo sich der Patient befand und von welcher Art seine Erkrankung war, sagte er nicht. Nach Informationen der medizinischen Internetseite "Stat News", die als erste von der Erkrankung berichtete, steht der Verdacht einer "schwerwiegenden Nebenwirkung" durchaus im Raum. Vermutlich hat der Erkrankte demnach an den Tests in Großbritannien teilgenommen.

Unterbrechungen der klinischen Prüfungen von möglichen Impfstoffen sind nicht ungewöhnlich. Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock sagte, es sei nicht die erste Pause bei den Tests mit dem AstraZeneca-Impfstoff.

Nach Einschätzung des Biomediziners David Lo von der University of California muss die Pause nicht unbedingt einen Rückschlag bedeuten. Sie sei noch kein Abbruch der Tests, sagte Lo der Nachrichtenagentur AFP. "In gewisser Weise bin ich sehr erleichtert - das zeigt, dass sie wirklich aufpassen" fügte er hinzu.

"Die Unterbrechung der Impfstoffstudie von AstraZeneca zeigt, dass die Behörden in Europa und die Unternehmen vorsichtig vorgehen und keine unnötigen Risiken bei der Entwicklung des Impfstoffs eingehen", erklärte auch der CDU-Europaabgeordnete und Gesundheitsexperte Peter Liese. Im Gegensatz zu Russland habe die EU "klare Regeln": Ein Impfstoff könne nur auf den Markt kommen, wenn im Rahmen der letzten Testphase zehntausende Probanden getestet wurden und der Impfstoff "nebenwirkungsarm und effektiv" sei.

AstraZeneca gehört zu den weltweit neun Unternehmen, die sich in der letzten Phase der klinischen Studien befinden. Die EU, die USA und andere Staaten haben mit dem Pharmakonzern bereits Liefervereinbarungen für den Impfstoff geschlossen. Zudem laufen derzeit nach EU-Angaben erste Gespräche mit dem Mainzer Unternehmen Biontech und dem US-Konzern Pfizer über die Lieferung von mindestens 200 Millionen Dosen eines potenziellen Corona-Impfstoffs.

Als erstes Land weltweit hatte Russland vor einem Monat einen eigenen Impfstoff zugelassen - obwohl die dritte Testphase noch gar nicht begonnen hatte. Am Mittwoch begannen nach Angaben der stellvertretenden Bürgermeisterin von Moskau, Anastasija Rakowa, in allen medizinischen Einrichtungen der Hauptstadt Massentests.

Insgesamt sind demnach 40.000 Moskauer aufgefordert, sich freiwillig testen zu lassen. Zuvor wurden laut Behörden bereits 2000 Menschen in mehreren Staaten weltweit im Rahmen der Phase 3 getestet. Wissenschaftler in anderen Ländern und auch die WHO üben allerdings Kritik an der Vorgehensweise, sie zweifeln an der Sicherheit der Impfung.

Weltweit haben sich Angaben der Behörden zufolge bis Mittwoch über 27,6 Millionen Menschen mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 angesteckt, knapp 900.000 Menschen starben demnach an den Folgen der Infektion.

by Andrew YATES