Nach dem historischen Wahlsieg ihrer Labour-Partei bei der Parlamentswahl in Neuseeland hat Premierministerin Jacinda Ardern eine rasche Umsetzung ihrer seit langem versprochenen Reformagenda angekündigt. Die Wahl habe ihr ein deutliches Mandat für den Wandel gegeben, sagte Ardern am Sonntag. Am Vortag hatte sich Labour mit 49,1 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit im Parlament gesichert; Ardern kann damit künftig alleine regieren.
Die Wähler hätten gezeigt, dass sie ihre Arbeit und die Reformpolitik unterstützten, und deshalb gelte es, in einigen Bereichen nun aufs "Tempo" zu drücken, sagte Ardern weiter. Rücksichtnahme auf ihre bisherigen Koalitionspartner habe den Reformprozess während ihres ersten Mandats "gebremst", fügte sie hinzu.
Als Ziel ihrer nächsten Regierung gab die 40-Jährige den Kampf gegen Armut, Ungleichheit und den Klimawandel an. Konkret nannte sie mehr Investitionen des Staats in Sozialwohnungen, erneuerbare Energien und Infrastrukturprogramme.
Arderns Sozialdemokraten halten künftig 64 der 120 Sitze im Parlament. Seit einer Änderung des neuseeländischen Wahlsystems 1996 war es bislang keiner Partei gelungen, die absolute Mehrheit zu erringen. Für die Labour-Partei ist es das stärkste Ergebnis seit 1946. Mit ihrem überragenden Abschneiden übertraf sie sogar die Umfragergebnisse vor der Wahl und könnte damit ohne ihre bisherigen Koalitionspartner, die populistische Partei New Zealand First und die Grünen, regieren.
Die führende Oppositionspartei, die konservative Nationalpartei, kam nur auf 26,8 Prozent und fuhr damit ihr schlechtestes Ergebnis seit fast 20 Jahren ein. Parteichefin Judith Collins räumte die deutliche Niederlage ein. Gleichzeitig aber erklärte sie, Ardern könne ihre politischen Fehlschläge nun nicht mehr auf "reformunwillige" Koalitionspartner schieben.
Regierungschefin Ardern hatte die Wahl zur "Covid-Abstimmung" erklärt und im Wahlkampf besonders die Erfolge ihrer Regierung im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus betont: Bei rund fünf Millionen Einwohnern verzeichnete Neuseeland bisher nur 25 Todesfälle in Zusammenhang mit dem neuartigen Virus. Der Erfolg gelang durch eine Kombination aus strikten Grenzkontrollen und vielen Corona-Tests.
Die charismatische Premierministerin machte vor allem durch ihr sensibles Krisenmanagement nicht nur während der Corona-Pandemie von sich reden. Nach dem Terroranschlag im März 2019 auf zwei Moscheen in Christchurch mit 51 Toten hatte sie sowohl Einfühlungsvermögen als auch Entschlossenheit an den Tag gelegt und das Waffenrecht verschärfen lassen.
Als bei einem Vulkanausbruch auf White Island 21 Menschen ums Leben kamen, musste sie sich erneut in einer für die Nation schwierigen Zeit bewähren. "Ganz gleich, welche Krise sich mir in den Weg stellt, Sie können immer sicher sein, dass ich alles für diesen Job geben werde, auch wenn das ein großes Opfer bedeutet", versprach die 40-Jährige während des Wahlkampfs.
Ardern sah sich während ihrer ersten Amtszeit aber auch Kritik ausgesetzt, weil sie zentrale Wahlversprechen wie die Erschwinglichkeit von Wohnraum und die Bekämpfung von Kinderarmut nicht umsetzte.
Dass die Corona-Pandemie aber weiter im Fokus der Regierung stehen wird, wurde erneut am Sonntag deutlich: Erstmals seit Wochen meldeten die Gesundheitsbehörden wieder einen Infektionsfall in Auckland. Die Behörden scheinen den Fall jedoch unter Kontrolle zu haben, sagte Ardern.
Auf die Frage, ob sie nach der anstrengenden Wahlkampagne nun ausschlafen konnte, antwortete Ardern nur trocken: "Nö, ich hatte mit Covid zu tun."
by Von Neil SANDS