Wenig Konsum, geringe Investitionen, verlängerter Lockdown: Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat nun genauso wie andere Experten seine Wachstumsprognose für dieses Jahr gesenkt. Für 2021 werde mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um drei statt wie noch im Dezember um vier Prozent gerechnet, teilte das IW am Mittwoch mit. Grund für die gesenkte Prognose ist die "Ernüchterung" zum Ablauf des ersten Quartals.
Das IW begründete seine Anpassung unter anderem mit steigenden Infektionszahlen, dem damit verbundenen verlängerten Lockdown und der stockenden Impfkampagne. Alles in allem kam die Wirtschaft demnach anders als zu Jahresbeginn erwartet nicht in Schwung, sondern das BIP ging zurück. Gemeinsam mit der erwarteten Infektionsgefahr im zweiten Quartal dämpfe dies die Erwartungen für 2021. Erst Anfang 2022 werde wieder Vorkrisenniveau erreicht, prognostizierte das IW.
Zuvor hatten bereits unter anderem die sogenannten Wirtschaftsweisen, die die Regierung beraten, und andere Wirtschaftsinstitute ihre Prognose für 2021 gesenkt. Dabei kristallisierte sich stets eine Spaltung der Volkswirtschaft heraus, die nun auch die IW-Experten erneut betonten. Während die Industrie wieder an Fahrt gewinne und kräftig nach China und in die USA exportiere, stehe der Dienstleistungssektor wegen der Lockdown-Maßnahmen "weitgehend still".
Es komme nun entscheidend auf die Impfkampagne an, ob es im zweiten Halbjahr einen Wirtschaftsaufschwung geben werde, betonte das IW. "Wir müssen schnell impfen, um möglichen Resistenzen durch Mutationen zuvorzukommen", sagte IW-Direktor Michael Hüther. Ein erneuter langer Lockdown wäre "ein teurer Rückschlag für Unternehmer und Einzelhändler". Bislang hätten die Lockdowns 250 Milliarden Euro gekostet.
Deutlich optimistischer blickt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in das laufende Jahr: Das IMK rechnet für 2021 mit einer "kräftigen Erholung" der Wirtschaft und einem BIP-Wachstum von 4,9 Prozent. Getrieben wird die Wirtschaft demnach vom Außenhandel und, besonders im kommenden Jahr, vom privaten Konsum. Für 2022 prognostiziert das IMK ein Wachstum von 4,2 Prozent.
"Medizinisch ist die Corona-Pandemie leider längst noch nicht besiegt und damit bleiben Risiken", erklärte IMK-Direktor Sebastian Dullien. "Aber ökonomisch stehen die Zeichen nach dem harten Jahr 2020 erst einmal auf Entspannung." Das liege vor allem an der Stabilisierungspolitik der Regierung und der großen Nachfrage in der Industrie.
Das IMK gestand aber ein, dass seine Prognose mit "erheblichen Unsicherheiten behaftet" sei, da schwer einzuschätzen sei, wie heftig eine dritte Corona-Welle werde. "Deshalb überwiegen zur Zeit eindeutig die zusätzlichen Risiken."
by Patrik Stollarz