"Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel sein", sagte einst Hippokrates, Vater der modernen Medizin. Vor allem, wenn es ums Altern geht, sollten wir uns diese über 2.000 Jahre alte Devise zu Herzen nehmen. Dass wir älter werden, lässt sich nicht vermeiden - doch mit der richtigen Ernährung bleiben wir dabei auch gesund, fühlen uns frischer und sehen jünger aus.
Beeren aller Art gelten als echte Jungbrunnen, da sie viele Antioxidantien enthalten. Dazu zählen Himbeeren, Brombeeren, Cranberrys, Heidelbeeren, Johannisbeeren und Blaubeeren. Sie schützen die Zellen vor oxidativem Stress, was potenziell vor Krankheiten wie Arteriosklerose, rheumatischen Erkrankungen und Krebs bewahren kann. Allerdings machen sie das nur in ihrer natürlichen Form, sie sollten also nicht weiterverarbeitet werden.
Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl (57, "Mein Weg zur gesunden Ernährung" erscheint im Oktober 2020) erklärt: "Es sollte darauf geachtet werden, die Antioxidantien in ihrer natürlichen Form zu sich zu nehmen, statt auf Nahrungsergänzungsmittel zurückzugreifen." Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit stuft die Funktion von Antioxidantien in Nahrungsergänzungsmitteln als "wissenschaftlich nicht gesichert" ein.
Antioxidantien sind Stoffe wie Zink, Selen, die Vitamine C, E und B2. Neben den bereits erwähnten Beeren sind viele weitere Gemüse- und Obstarten gute Lieferanten dieser Stoffe. Prof. Dr. Andreas Michalsen ("Mit Ernährung heilen"), Fastenexperte und Professor für Naturheilkunde der Berliner Charité, empfiehlt Obst und Gemüse in knalligen Farben. So sollen grüne und gelbe Gemüsesorten wie Paprika oder Brokkoli für eine geringe Ausprägung sogenannter Krähenfüße, also Falten im Augenbereich, verantwortlich sein.
Beta-Carotin sorgt für einen frischen und gesunden Teint, unterstützt Hautfunktionen und senkt Risiken durch UV-Bestrahlung, sagen die beiden Experten. Besonders reichlich vorhanden sei Carotin in Karotten, Tomaten, Süßkartoffeln, Kürbis, Aprikosen und dunkelgrünen Gemüsesorten wie Grünkohl, Fenchel oder Spinat.
Spermidin ist ein natürliches Polyamin, das unsere Zellen verjüngt. "Gesunde Hundertjährige haben auffallend hohe Konzentrationen von Spermidin im Blut. Es regeneriert die Erbsubstanz, wirkt entzündungs- und krebshemmend und ihm wird eine positive Wirkung auf Lebenserwartung und Gedächtnisleistung zugeschrieben", erklärt Prof. Michalsen.
Als besonders spermidinreiche Lebensmittel gelten Amarant, Apfel, Brokkoli, Blumenkohl, Shiitake-Pilze, Salat, Soja- und Vollkornprodukte, Weizenkeime sowie gereifter, würziger Käse. Wenn wir unseren Körper mit ausreichend Ballaststoffen und Präbiotika versorgen, produzieren unsere Darmbakterien den Stoff Spermidin auch selbst.
Probiotische Lebensmittel besitzen zahlreiche gesundheitsfördernde Effekte: Sie wirken sich positiv auf den Darm, die Haut und die Psyche aus und stärken das Immunsystem. Probiotika findet man vor allem in fermentierten Lebensmitteln, erklärt Prof. Michalsen. Dazu zählen Sauerkraut, Kimchi, Miso und Tempeh. Auch Naturjoghurt enthält Probiotika, die in ihm enthaltenen Milchsäurebakterien sollen sogar gut gegen Lidfalten sein.
Nüsse und Hülsenfrüchte enthalten den Stoff Selen, der den Alterungsprozess verlangsamen kann. Vor allem die Pekannuss ist eine gute Quelle für Selen, aber auch Para-, Hasel-, Kokos- und Walnüsse sind eine gute Wahl. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, jeden Tag eine Handvoll Nüsse zu essen.
Hülsenfrüchte wie Sojabohnen, weiße Bohnen, Linsen und Kichererbsen haben ebenfalls einen sehr hohen Selengehalt, genauso wie Weizenkleie. "Selen hemmt schädliche Prozesse in den Zellen und schützt sie so vor Degeneration. Es wirkt entzündungshemmend und schützt die Zellen vor Angriffen freier Radikale", erklärt Dr. Riedl, der ärztlicher Direktor des von ihm gegründeten medicum Hamburg ist.
Kaffeetrinker dürfen sich freuen: Das schwarze Gold macht uns nicht nur wach, es ist auch ein echter Jungbrunnen. Laut Prof. Michalsen leben Kaffeetrinker durchschnittlich ein bis drei Jahre länger und erkranken seltener an Demenz und Diabetes. Darüber hinaus habe Kaffee eine Schutzwirkung auf alle Körperzellen und halte Entzündungsprozesse in Schach.
Auch Tee ist eine Quelle der ewigen Jugend, egal ob grün oder schwarz. Genügend Flüssigkeitszufuhr ist essenziell für straffe Haut. Tee enthält zudem den Pflanzenstoff Polyphenol, der stark antioxidativ wirkt. Grüner Tee ist außerdem ein hervorragender Lieferant von Zink. "Zink ist am Fettstoffwechsel beteiligt und stärkt das Immunsystem. Es stabilisiert die DNA und ist an der Funktion der Stoffwechsel- und Sexualhormone beteiligt", erklärt Dr. Riedl.
Gesunde Lebensmittel zu sich zu nehmen, ist das eine. Aber auf bestimmte Produkte sollten wir auch gänzlich verzichten, um den Alterungsprozess zu verlangsamen. Vor allem gesättigte Fette, große Mengen an Milchprodukten und tierische Proteine sollten gemieden werden. Laktose schade dem hauteigenen Collagen und begünstige Entzündungen im Körper, erklärt Dr. Riedl.
Der Ernährungsmediziner rät zudem von Zucker ab. Dieser sei Hauptverursacher von Falten und begünstige die sogenannte Glykation - eine chemische Reaktion von Proteinen mit Kohlenhydraten, bei der das Collagen der Haut beschädigt wird. Diese wird durchlässiger für UV-Strahlen und anfälliger für Falten.
"Zucker ruft alle Erkrankungen hervor, die man mit dem Alter assoziiert: Diabetes, Herzinfarkte, Schlaganfall, Darmkrebs, Demenz und Arthrose", sagt Prof. Michalsen. Er rät, ebenfalls aufs Grillen zu verzichten. Denn die dabei entstehenden giftigen Beiprodukte seien ähnlich schädlich für den Körper wie das Rauchen. Dasselbe gelte für geräucherte Produkte, die den Proteinstoffwechsel des Körpers stören.
Auch Alkohol sollte mit Vorsicht genossen werden. Prof. Michalsen klärt auf: Lange sei es allgemeiner Konsens gewesen, dass eine kleine Menge Rotwein am Tag gesund ist. Dem sei laut neuestem Kenntnisstand allerdings nicht so. Statistisch gesehen hat schon die kleinste Menge Alkohol negative Wirkungen, fördert Demenz und ist schlecht für Haut, Haare und Nägel.
Menschen, die in den sogenannten Blue Zones leben, werden besonders alt. Hierzu gehören Ikaria in Griechenland, Okinawa in Japan, Ogliastra auf Sardinien, Loma Linda in Kalifornien und die Halbinsel Nicoya in Costa Rica. Auf unterschiedliche Orte der Welt verteilt haben sie eine Gemeinsamkeit: Ihre Ernährung besteht zu 90 bis 95 Prozent aus pflanzlicher Kost. "Die Menschen essen frische, unverarbeitete Lebensmittel und bewegen sich regelmäßig an der frischen Luft", erklärt Dr. Riedl. "Bei den Bewohnern der Blue Zones stehen kaum Fleisch und nur sehr wenige Milchprodukte auf dem Speiseplan."