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Angst vor der nächsten Pandemie! Klimawandel sorgt für Probleme – Treten bald tropische Krankheiten in Deutschland auf?

In den letzten Jahren zeigen die Wetterdaten deutlich, dass die Temperaturen immer weiter steigen. In tropischen Regionen kann dies die Ausbreitung von Infektionskrankheiten fördern. Drohen durch die zunehmende Erwärmung solche Krankheiten auch schon bald in Deutschland? Zu diesem Thema nehmen nun mehrere Experten Stellung. Besonders gefürchtet ist dabei die zum Teil tödlich verlaufende Tropenkrankheit Malaria.

Malaria ist ein tropischer Sonderfall

Vor einer Ausbreitung von Malaria-Erkrankungen muss man sich nach

Aussage von Umweltmedizinerin Prof. Claudia Traidl-Hoffmann (51), keine Gedanken machen. “Malaria, die durch einzellige Parasiten, sogenannte Plasmodien, ausgelöst wird, ist ein Sonderfall, über den wir uns noch keine Sorgen machen müssen: Dass wir uns in Deutschland in den nächsten Jahren Malaria einfangen, ist etwa so wahrscheinlich, wie dreimal hintereinander ein Sechser im Lotto“, zeigt sich die Medizinerin optimistisch, Denn bisher waren allen in Deutschland gemeldeten Fälle von Malaria aus dem Ausland “importiert“. Die meisten Fälle stammten von Reisenden aus Subsahara-Afrika. Um sich in Deutschland anzustecken müssten nämlich zahlreiche Faktoren zusammentreffen: “Damit es zu einer Infektion in Deutschland kommt, müssen sehr viele Dinge zusammenkommen. So ist die Anophelesmücke, die den Parasiten übertragen kann, bei uns zwar heimisch, aber die muss erst einmal auf jemanden treffen, der mit Malaria infiziert ist, um die Parasiten dann weitergeben zu können. Also, es braucht viele infizierte Menschen, viele infektiöse Anophelesmücken und lange Warmphasen – und das alles auf einmal“, verdeutlicht die Medizinerin, wie gering die Gefahr im Augenblick noch ist.

Malaria kann in Deutschland schnell identifiziert und behandelt werden

Reiserückkehrer, die sich in bekannten Malaria-Gebieten angesteckt haben, können in Deutschland normalerweise schnell identifiziert werden. Eine Behandlung mit Medikamenten tötet dann die Malaria-Erreger im Blut ab, wie Diplom-Biologin Dr. Doreen Werner (52) vom Leibnitz-Zentrum für Agrarlandforschung (ZALF) erklärt. “An dieser Stelle ist für den Parasiten dann Stopp. Selbst wenn der Betroffene von einer der sieben Anophelesmücken-Arten, die es bei uns gibt, gestochen wird, ist die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung der Erreger gering. Das war früher nicht der Fall, weshalb Wellen und größere Ausbrüche möglich waren. Heute sind solche Szenarien allein aufgrund besserer Hygiene-Bedingungen und medizinischer Behandlung in unseren Regionen nicht mehr vorstellbar“, stellt Werner klar. Insgesamt habe es seit 1975 nur 3 Fälle von Malaria gegeben, bei denen Malaria-Patienten in Krankenhäusern gestochen worden waren und die Anophelesmücken dieses Virus an andere Menschen weitergegeben habe. Deshalb rechnet auch der Hamburger Virologe Dr. Jonas Schmidt-Chanasit (42) vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) nicht mit einem Malaria-Problem in Deutschland. “Dass es in der Vergangenheit zu größeren Ausbrüchen gekommen ist, etwa nach dem Zweiten Weltkrieg, hing weniger mit dem Klimawandel zusammen, sondern mit Menschen, die aus Malaria-Gebieten zurückgekehrt sind. So ist es auch heute: Bei den rund 500 bis 600 Malaria-Erkrankungen, die jährlich erfasst werden, handelt es sich um importierte Fälle, die bei uns medizinisch behandelt werden. Hinzu kommt, dass wir in Deutschland nicht massenhaft illegale Saisonarbeiter haben, die das Virus z.B. aus Pakistan einschleppen, so wie es etwa in Nord-Griechenland der Fall ist“, verdeutlicht der Mediziner.

Andere Tropenkrankheiten werden wahrscheinlicher

Während es bei Malaria also gut aussieht, könnten andere tropische Krankheiten sich jedoch leichter in Deutschland ansiedeln. So zum Beispiel das Zika-Virus, das von der asiatischen Tigermücker übertragen wird, wie Mückenexpertin Werner bestätigt: “Anders ist es bei der asiatischen Tigermücke, die mittlerweile bei uns etabliert ist und die unter anderem das Zika-Virus übertragen kann. Sie kann das Virus theoretisch über die Eier weitergeben, sodass auch die nächste Generation es bereits in sich trägt.“ Ähnlich ist es auch beim Dengue-Fieber. “Es ist ebenfalls belegt, dass eine Weitergabe über die Eier möglich ist. Es gibt jedoch himmelweite Unterschiede zwischen den einzelnen Mückenarten und den jeweiligen Erregern“, stellt Werner klar. Das also andere Tropenkrankheiten nach Deutschland kommen ist also nicht unwahrscheinlich. Kandidaten dafür sind neben Dengue-Fieber und dem Zika-Virus auch das Chikungunya-Virus. Einige Jahre zuvor war es in Italien bereits zu Chincungunya-Ausbrüchen gekommen, wie Virologe Schmidt-Chanasit bestätigt: “2007 und 2017 gab es in Italien große Chikungunya-Ausbrüche, weil auch dort die Tigermücke überall vorkommt und 2012 kam es auf Madeira zu einem Ausbruch des Dengue-Virus, das wiederum auch von der Gelbfiebermücke übertragen wird. Diese Viruserkrankungen treten immer häufiger in Europa auf und es zeigt sich: Das Dengue- und Chikungunya-Virus rücken immer näher und es ist realistisch, dass wir auch in Deutschland Einzelfälle oder Einzelausbrüche sehen werden, die von invasiven Stechmücken übertragen werden“, ist sich Schmidt-Chanasit sicher

Auch Ausbreitung von West-Nil-Fieber möglich

Eine weitere von Mücken übertragene Krankheit könnte ebenfalls zum Problem werden. Im Jahr 2020 hatte zum Beispiel das West-Nil-Fieber, bei dem es sich um eine grippeähnliche Viruserkrankung handelt, in Deutschland das erste Todesopfer gefordert. “Das West-Nil-Virus kann von einheimischen Mückenarten, der sogenannten Culex-Mücken, auch Hausmücken genannt, übertragen werden. Der Erreger wurde über Vögel eingeschleppt. Saugen diese Mücken an einem infizierten Vogel, kann sich das Virus in der Mücke aufgrund der höheren Temperaturen, die durch den Klimawandel bedingt werden, besser entwickeln und dann beim nächsten Saugakt der Mücke an Menschen weitergeben“, beschreibt Dr. Werner eine der zukünftigen Gefahren. Aus diesem Grund wird Deutschland in naher Zukunft wohl tatsächlich mit verschiedenen tropischen Erkrankungen konfrontiert werden, wenn der Anstieg der Temperaturen rund um den Globus weitergeht.

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