Altbundeskanzler Gerhard Schröder sieht die SPD auf einem falschen Kurs und hält mit Blick auf die Wahlniederlagen in Bayern und Hessen eine andere Politik für nötig. "Nur alles zusammenzuhalten ist etwas wenig", sagte Schröder der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag) und forderte von seiner Partei mehr "eigenes Profil".
Statt vor allem in die Aufrüstung zu investieren, seien dringend mehr Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Wohnungsbau nötig, hier sei die Unzufriedenheit im Volk besonders groß, sagte Schröder. Die deutschen Schulen seien miserabel. Das wirtschaftliche Wohlergehen hänge davon ab, was an den Universitäten und in der Forschung gemacht werde. "Im Grunde bräuchten wir mindestens einen dreifach Wumms. Und der größte Wumms muss im Bildungssystem landen", sagte Schröder. Außerdem sei auch ein "Wumms für den Wohnungsbau" nötig.
Die SPD preise Geschlossenheit und Harmonie als das neue Erfolgsrezept, aber ihr eigenes Profil sei in der Ampel-Koalition kaum sichtbar, kritisierte Schröder. "Was heißt denn das neue Erfolgsrezept, wenn man bei 15 Prozent ist? Ich habe aufgehört mit 34 Prozent", sagte Schröder der Zeitung.
Zudem warf Schröder der SPD vor, dass sie sich bei der Klimapolitik zu sehr von den Grünen treiben lasse. Allerdings räumte der Altkanzler auch ein, dass es in einer Konstellation mit Grünen und FDP ungleich schwerer sei als seinerzeit nur mit Rot-Grün.
Schröder kritisierte einen zu einseitigen Fokus auf Rüstungsausgaben. "Glauben Sie ernsthaft, dass russische Mittelstreckenraketen auf Deutschland abgefeuert würden?", fragte der 79-Jährige. "Scholz hat gesagt: 100 Milliarden für die Bundeswehr - und keiner weiß wofür."
Beim Thema Asylpolitik sprach sich Schröder gegenüber der "SZ" für eine strikte Begrenzung der Zuwanderung aus. "Migration steuern heißt, Migration zu begrenzen. Die SPD muss da Vorreiter sein", forderte er.
kbh