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Aktivisten: Ein Toter und dutzende Verletzte bei Zusammenstößen in Belarus

Menschenrechtsorganisation berichtet von mehr als 300 Festnahmen

Bei den Protesten gegen die Präsidentschaftswahl in Belarus sind nach Angaben von Aktivisten ein Demonstrant getötet und dutzende weitere verletzt worden. Ein junger Mann sei von einem Polizeiauto angefahren worden und habe eine schwere Kopfverletzung erlitten, teilte die Menschenrechtsorganisation Viasna am Montag mit. Sanitäter hätten sein Leben nicht mehr retten können. Dutzende weitere Menschen wurden demnach verletzt, als die Polizei mit Schockgranaten, Wasserwerfern und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vorging.

Im ganzen Land seien am Sonntag zudem mehr als 300 Menschen festgenommen worden, sagte der Viasna-Vertreter Sergej Sys der Nachrichtenagentur AFP. Allein in der Hauptstadt Minsk habe es mehr als 150 Festnahmen gegeben. Dutzende weitere Festnahmen gab es demnach in mindestens zehn anderen Städten.

Die belarussische Polizei hatte zunächst keine Zahlen genannt. Das Innenministerium wies zudem die Angaben der Aktivisten zu dem Todesfall zurück. "Wir haben keinen Toten", sagte eine Sprecherin AFP.

In Minsk hatten sich Demonstranten und Polizisten am Sonntagabend gewaltsame Auseinandersetzungen geliefert. Ungeachtet eines Demonstrationsverbots waren tausende Menschen im Zentrum der Hauptstadt auf die Straße gegangen. Die Sicherheitskräfte gingen hart gegen die Protestierenden vor.

Die belarussischen Staatsmedien hatten zuvor erste Prognosen veröffentlicht, denen zufolge der langjährige Amtsinhaber Alexander Lukaschenko die Wahl mit überwältigender Mehrheit gewonnen hat. Am Montag erklärte ihn auch die Wahlkommission zum Sieger. Die Leiterin der Wahlkommission, Lidija Jermoschina, gab ein vorläufiges Ergebnis bekannt, demzufolge Lukaschenko auf 80,2 Prozent der Stimmen kommt. Die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja, zu deren Kundgebungen in den vergangenen Wochen immer wieder tausende Menschen gekommen waren, kommt demnach auf 9,9 Prozent.

Die Opposition, die schon vor dem Urnengang mit Wahlbetrug rechnete, zweifelt das Ergebnis an. Tichanowskaja sagte nach Veröffentlichung der Prognose: "Ich glaube an das, was ich mit eigenen Augen sehe, und ich sehe, dass die Mehrheit hinter uns steht." Auch schon allein dadurch, "dass wir unsere Angst, unsere Apathie und unsere Gleichgültigkeit besiegt haben", habe ihre Seite triumphiert.

Die 37-jährige Hausfrau, gelernte Deutsch- und Englischlehrerin ohne politische Vorerfahrung, hatte in den vergangenen Wochen an Zustimmung gewonnen, obwohl die Behörden hart gegen die Opposition vorgegangen waren. Tichanowskaja war angetreten, nachdem ihr Mann, der bekannte Blogger Sergej Tichanowski, inhaftiert und von der Wahl ausgeschlossen worden war.

by Sergei GAPON