Der in der Flugblattaffäre auch vom Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat seine Solidarität mit Israel betont. "Wir stehen an der Seite dieses Landes, das ja unter viel Druck geraten ist", sagte Aiwanger am Samstag auf einem Landesparteitag der bayerischen Freien Wähler in Bad Gögging. Die Terroristen der Hamas müssten gestoppt werden. Er wünsche sich nichts sehnlicher, als dass der Nahe Osten zur Ruhe komme.
Die Affäre um ein von Aiwanger als Schüler verbreitetes antisemitisches Flugblatt war das zentrale Thema des bayerischen Landtagswahlkampfs. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hatte sich zwischenzeitlich erschüttert über Aiwangers Umgang mit den Vorwürfen gezeigt und ihm eine Opfer-Täter-Umkehr vorgeworfen. Auch nach einem Treffen Schusters mit Aiwanger nannte der Zentralratspräsident den Umgang des bayerischen Vizeministerpräsidenten mit der Affäre weiter problematisch.
Die Freien Wähler konnten in Folge der Affäre allerdings in der politischen Stimmung zulegen und wurden mit einem Rekordergebnis der Partei von 15,8 Prozent zweitstärkste Kraft in Bayern. Aiwanger sagte vor den Delegierten seiner Partei, dieser Erfolg dürfe nicht zerredet werden. Manche würden den Freien Wählern zu mehr Zurückhaltung raten. Diese Menschen würden nicht verstehen, dass seine Partei "ehrliche Politik" aus "der Mitte der Bevölkerung heraus" mache und dies auch lautstark vertrete.
Aiwanger forderte in der Migrationspolitik einen deutlich schärferen Kurs mit Kontrollen an den deutschen Grenzen. "Wir müssen wieder eine Haustür haben auch an der Grenze der Bundesrepublik Deutschland, wo wir wissen, wer ins Land kommt."
Es sei auch eine vernünftige Wirtschaftspolitik nötig, damit der Wohlstand in Deutschland nicht wegbröckele. "Wir müssen wieder zu einer Kultur des Ermöglichens statt zu einer Kultur des Verhinderns kommen." Die anstehenden Probleme müssten aus der Perspektive des Bürgers oder aus der Perspektive des Unternehmers gedacht werden. Den Grünen warf Aiwanger dabei vor, von Ideologie getriebene Politik zu machen.
Aiwanger, der auch Bundesvorsitzender der Freien Wähler ist, bekräftigte sein Ziel, deutschlandweit eine größere Rolle spielen zu wollen. Für die Europawahlen im kommenden Jahr gab er das Ziel aus, dort stärker werden zu wollen als derzeit - im Moment haben die Freien Wähler zwei Abgeordnete im Europaparlament. Auch an seinem Ziel des erstmaligen Einzugs in den Bundestag 2025 hielt Aiwanger fest. Die Freien Wähler seien "die Kerndemokraten Bayerns und die Kerndemokraten Deutschlands".
Der Landesparteitag soll den Vertretern der Freien Wähler auch Rückendeckung für die Koalitionsverhandlungen mit der CSU geben. Diese sollen bis zur konstituierenden Sitzung des Landtags am 30. Oktober abgeschlossen sein. Als größter Streitpunkt gilt die Ressortverteilung - im Vorfeld der Gespräche drängten die Freien Wähler darauf, künftig ein viertes Landesministerium zu bekommen.
ran/hcy