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AfD-Spitze berät über Ungereimtheiten in Lebensläufen von Europawahl-Kandidaten

Der AfD-Bundesvorstand ist am Montagabend in Berlin zusammengekommen, um über mögliche Falschangaben in den Lebensläufen von Kandidaten für die Europawahl zu beraten. Hintergrund sind Medienberichte, wonach einige der 35 Kandidaten, die kürzlich in einem langwierigen Verfahren für die Europawahl 2024 aufgestellt worden waren, über Studienabschlüsse und berufliche Erfolge gelogen haben sollen. Sollten Bewerber nun von der Liste gestrichen werden, müsste die AfD möglicherweise das gesamte Aufstellungsverfahren von vorne beginnen.

Der AfD-Bundesvorstand hatte allen 35 ausgewählten Kandidaten eine Frist bis zum 11. September gesetzt, überprüfbare Nachweise zu ihren Angaben zu Berufsausbildung und Studienabschlüssen vorlegen. Dies galt für schriftliche Angaben ebenso wie für Angaben, die von den Kandidaten bei ihrer Vorstellung am Rednerpult des Nominierungsparteitags in Magdeburg im Juli und August gemacht worden waren.

Die Unterlagen seien inzwischen von zwei Vertrauensleuten geprüft worden, hieß es am Montag aus Parteikreisen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Die Vertrauensleute wollten ihre Befunde in der Sitzung am Abend vortragen. Es werde mit längeren Beratungen gerechnet. Für Befremden in Teilen des Vorstands sorgte demnach, dass Ko-Parteichefin Alice Weidel ihre Teilnahme an der abendlichen Sitzung absagen ließ.

Der Verdacht, dass Kandidaten ihre Lebensläufe aufgebauscht haben, könne dem Ansehen der Partei schaden, hieß es aus Vorstandskreisen gegenüber AFP. Die Sorge, die Partei könnte bei der Kandidatenaufstellung auf Hochstapler hereingefallen sein, löse auch an Teilen der Basis Unruhe aus. Die AfD hatte bei dem Nominierungsparteitag großen Wert darauf gelegt, Kandidaten mit praktischer Erfahrung von außerhalb der Politik aufzustellen.

Der Verdacht auf Schwindeleien geht auf Recherchen des Portals "t-online" zurück. Demnach steht in Frage, ob die Kandidatin Mary Khan-Hohloch tatsächlich wie von ihr angeführt ein Studium der Religionswissenschaft und des öffentlichen Rechts absolviert hat. Khan-Hohloch steht auf Platz 14 der Kandidatenliste.

Auch der auf Platz 10 der Europaliste gesetzte Kandidat Arno Bausemer aus Sachsen-Anhalt soll zahlreiche falsche Angaben in seiner Bewerbung um die Kandidatur gemacht haben. Zweifel gibt es etwa an seiner Angabe, Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebs gewesen zu sein.

Das nun angelaufene Verfahren zur Überprüfung der Lebensläufe war Ende August vom AfD-Bundesvorstand beschlossen worden. Der Vorstand ließ allerdings offen, wie im Fall nachgewiesener Falschangaben vorgegangen werden soll. Die nachträgliche Änderung einer Kandidatenliste für die Wahl gilt als rechtlich äußerst schwierig. Der MDR zitierte am Montag mehrere Verfassungsrechtler, die für einen solchen Fall ein komplett neues Aufstellungsverfahren für die Wahlkandidaten für erforderlich halten.

pw/dja