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AfD geht mit Rechtsaußen-Kandidaten in Europawahl

Die AfD zieht mit Kandidatinnen und Kandidaten vom äußert rechten Rand der Partei in die Europawahl 2024. Bei der Europawahlversammlung der Partei in Magdeburg setzten sich am Wochenende für die vorderen Listenplätze solche Kandidaten durch, die in ihren Bewerbungsreden völkische und EU-feindliche Töne anschlugen. Spitzenkandidat ist der sächsische AfD-Politiker Maximilian Krah, der sich selbst dem rechten Rand zurechnet. Eine klare Abgrenzung zum rechtsextremen Spektrum nahm keiner der Kandidaten vor.

Zum Auftakt der Wahlversammlung hatte AfD-Chefin Alice Weidel am Samstag einen "Kompetenzrückbau" für die EU-Institutionen als Ziel ausgegeben. Die EU sei "zutiefst undemokratisch und übergriffig", deshalb trete die AfD "für die Stärkung der Nationalstaaten innerhalb der EU" ein. An der Mitgliedschaft in der EU will Weidel festhalten. Die Delegierten in Magdeburg wählten allerdings Kandidaten auf aussichtsreiche Listenplätze, deren Forderungen zum Teil weit über Weidels Linie hinausgehen – bis hin zum sofortigen EU-Austritt.

Der nun gekürte Europa-Spitzenkandidat Krah wurde 2019 wegen Äußerungen zu "Umvolkung" in einem Gutachten des Verfassungsschutzes genannt. Seine Schriften publiziert er im rechtsextremen Kubitschek-Verlag. 

In seiner Bewerbungsrede vor den rund 600 Delegierten in Magdeburg setzte Krah stark auf das Thema Patriotismus. "Wir wollen ganz Deutschland zu einem großen Sonneberg machen", sagte der Europaabgeordnete mit Blick auf den ersten Landratsposten für die AfD, den sie im Juni in Thüringen errungen hatte. Die AfD habe "endlich was zu sagen".

Mehrere der bei der Kandidatenkür erfolgreichen Bewerber schlugen in Magdeburg Töne mit extrem rechter und verschwörungstheoretischer Färbung an. Die auf Listenplatz vier gesetzte Europaabgeordnete Christine Anderson etwa bezeichnete die EU als "verlotterten Sauhaufen" und forderte den sofortigen Austritt Deutschlands. Die EU betrachte die Bevölkerung als "eine willenlose Masse, über die die globalitären Eliten nach freiem Willen verfügen können", sagte sie in ihrer Bewerbungsrede.

Der Verweis auf das Wirken "globaler Eliten" zählt zum Repertoire rechtsextremer Rhetorik. Auch der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron, der auf Platz zwei der Europaliste gewählt wurde, griff in Magdeburg dieses Motiv auf: "Wir kämpfen gegen die Kriegstreiber, die Globalisten, die uns zwangsimpfen wollen, enteignen wollen, versklaven wollen." Bystron bekannte sich zudem zum "Kampf" gegen internationale Philanthropen wie Bill Gates und George Soros.

Der auf Platz sechs gewählte Kandidat Marc Jongen forderte ein Referendum über den Verbleib in der EU: Das Volk müsse gefragt werden: "Bringen wir diesen korrupten Laden zum Einsturz?" Auf Platz fünf wählten die Delegierten den AfD-Politiker Alexander Jungbluth, der kürzlich mit einer öffentlichen Attacke gegen Döner und anderes ausländisches Essen für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. 

Der auf Platz drei gewählte Kandidat René Aust aus Thüringen forderte in seiner Rede die Errichtung einer "Festung Europa" zur Abwehr von Migration. "Unsere europäische Zivilisation ist in Gefahr durch Masseneinwanderung", sagte er.

Im Vergleich zu früheren AfD-Parteitagen war das Delegiertentreffen von Magdeburg von einer gewissen Geschlossenheit geprägt – es gab weniger offenen Streit als früher. Eine Ausnahme bildete Spitzenkandidat Krah, der in seiner Bewerbungsrede mit seinen parteiinternen Widersachern abrechnete und die Delegierten aufforderte, sie sollten "heute endlich mal den Dreckwerfern die rote Karte zeigen".

In Brüssel hatte der Europaparlamentarier Krah wiederholt Ärger im eigenen Lager. Die rechte ID-Fraktion im Europaparlament hat ihn bereits zwei Mal suspendiert - unter anderem wegen Betrugsvorwürfen. In der AfD-Bundesspitze gab es bis zuletzt Vorbehalte mit Blick auf Krahs Eignung als Europa-Spitzenkandidat. Der Parteitag kürte ihn dennoch mit 65,7 Prozent.

Die Aufstellung der Europakandidaten gestaltete sich zäh. Am Samstag konnten in rund zwölfstündiger Sitzung lediglich fünf Kandidaten benannt werden, weil die Delegierten viele Bewerber durchfallen ließen. Die weitere Kür am Sonntag verlief ähnlich schleppend.

Insgesamt will die AfD 30 Kandidaten für die Europawahl aufstellen. Dafür kommt sie ab kommendem Freitag erneut für drei Tage in Magdeburg zusammen. Dann soll auch das Europa-Wahlprogramm verabschiedet werden.

pw/ilo