Mit einer neuen Aussage über das Verhältnis zur Rechtsaußen-Partei hat CDU-Chef Friedrich Merz (67) eine hitzige Debatte in seiner Partei ausgelöst. Im ZDF-Sommerinterview sagte der CDU-Vorsitzende, dass es keinerlei Zusammenarbeit in Landesparlamenten oder im Bundestag geben werde. In Landkreisen und Kommunen sei dies aber nicht immer vermeidbar: „Wir sind doch selbstverständlich verpflichtet, demokratische Wahlen zu akzeptieren. Und wenn dort ein Landrat, ein Bürgermeister gewählt wird, der der AfD angehört, ist es selbstverständlich, dass man nach Wegen sucht, wie man dann in dieser Stadt weiter arbeiten kann.“
Der CDU-Chef hat eine Zusammenarbeit mit der AfD in den Kommunen für möglich erklärt. In Umfragen liegt die Partei bundesweit mittlerweile bei 20 Prozent. Was passiert, wenn sie regiert? SPD und Grüne werfen jetzt Merz vor, die CDU für eine Zusammenarbeit mit der AfD vorzubereiten. Und auch aus der CDU kommt Widerspruch gegen die Aussagen des Parteichefs.
▶︎ Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz (52) behauptete, dass es unter Merz „auf eine Kooperation mit der AfD auf Landesebene nächstes Jahr“ rauslaufe. Der Grünen-Abgeordnete Andreas Audretsch (39) schrieb auf Twitter: „Wenn Merz zu Akzeptanz von Rechtsextremen aufruft, reißt er die Brandmauer aktiv ein, Stück für Stück, mittlerweile fast täglich.“ ▶︎ Der SPD-Abgeordnete Sebastian Fiedler (50) erklärte: „Die größte Gefahr für unsere Demokratie ist der Rechtsextremismus – und Friedrich Merz.“ SPD-Politiker Metin Hakverdi (54) zeigte sich fassungslos: „Habe ich das richtig verstanden? Zusammenarbeit bei Gesetzgebung nein, aber ansonsten volle Kooperation mit der AfD?“
Die CDU-Führung wehrt sich gegen die Angriffe von links. Generalsekretär Carsten Linnemann (45) wirft der SPD Scheinheiligkeit vor: „Dass ausgerechnet die SPD, die schon lange auf kommunaler Ebene mit der AfD stimmt, jetzt Empörung heuchelt, weil Friedrich Merz eine Selbstverständlichkeit betont hat, ist scheinheilig.“ CDU-Generalsekretär Linnemann nimmt Parteichef Merz vor Attacken in Schutz Linnemann zu BILD: „Wenn ein Landrat oder Bürgermeister demokratisch gewählt wurde, ist das Ergebnis für alle Parteien zu akzeptieren. Etwas ganz anderes ist es dagegen, wenn etwa die SPD in Hildburghausen zusammen mit der AfD den Bürgermeister abwählt. So etwas käme für die CDU nicht infrage. Denn das ist ‚Zusammenarbeit‘ mit der AfD.“
Seit dem Merz-Interview läuft auch innerhalb der Union eine heftige Debatte. ▶︎ Ohne Merz zu nennen, schrieb Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (50, CDU) auf Twitter: „Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist.“ Bundestagsvize Yvonne Magwas (43) erklärte: „Ob Ortschaftsrat oder Bundestag, rechtsradikal bleibt rechtsradikal. Für Christdemokraten sind Rechtsradikale IMMER Feind!“ ▶︎ Ex-Saarland-Ministerpräsident Tobias Hans (45) schrieb auf Twitter: „Das ist nicht erträglich und kann nicht stehen bleiben. Der Parteitagsbeschluss besagt, dass jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen ist. Das hier ist die schleichende Verwässerung von Parteitagsbeschlüssen nach Wahlerfolgen der extremen Rechten. Wehret den Anfängen!“ ▶︎ Anders CDU-Vize Karin Prien (58). Sie stellte klar: „Die Beschlusslage ist klar und ich kann mir für meine Partei nichts anderes vorstellen. Keine Zusammenarbeit mit Extremisten!“ Allerdings müsse die CDU „eine Diskussion führen darüber, wie die CDU im Osten mit diesem Dilemma umgehen kann“.
Für die CDU sei klar, dass es „keine Zusammenarbeit mit der AfD“ gebe, „egal auf welcher Ebene“. Linnemann weiter: „Das sieht auch Friedrich Merz so, wenngleich er zu Recht auf die schwierige Umsetzung vor Ort hinweist. Denn wenn es im Kommunalparlament etwa um eine neue Kita geht, können wir nicht nur deshalb dagegen stimmen, weil die AfD mitstimmt. Wir machen uns von Rechtsradikalen nicht abhängig.“
Schon jetzt gibt es auf kommunaler Ebene immer wieder Fälle, in denen andere Parteien nicht aus Prinzip gegen die AfD stimmen. Zwei Beispiele: In Waren/Müritz stimmten SPD, Linke und Grüne einem AfD-Antrag über die Bewirtschaftung der kommunalen Wälder zu. Im Dezember 2022 stimmte die SPD in Hildburghausen (Thüringen) mit der AfD für ein Abwahlverfahren gegen den Bürgermeister der Linken.
Die CDU hatte beschlossen, nicht mit der AfD oder der Linkspartei zusammenzuarbeiten. In einem Parteitagsbeschluss heißt es: „Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab.“
Zuletzt wurde im Landkreis Sonneberg (Thüringen) erstmals ein AfD-Landrat gewählt. In der Kleinstadt Raguhn-Jeßnitz (Sachsen-Anhalt) stellt die AfD erstmals einen hauptamtlichen Bürgermeister. Darauf bezogen sich auch Merz’ Aussagen.