Für Tschechien, die Slowakei und das österreichische Bundesland Tirol werden wegen der Ausbreitung von Corona-Mutanten harte Beschränkungen für die Einreise nach Deutschland eingeführt. Die Bundesregierung verständigte sich darauf, diese Gebiete als "Virusvarianten-Gebiete" einzustufen, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag sagte. Die Beschränkungen treten in der Nacht zum Sonntag in Kraft. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, der hohe Anteil von Mutationen in grenznahen Regionen mache diese "Extra-Reaktion" nötig.
Erstmals sind damit direkte Nachbarregionen von Deutschland von dieser Maßnahme betroffen. Für "Virusvarianten-Gebiete" gilt ein grundsätzliches Beförderungsverbot für Fluggesellschaften, Bahn-, Bus- und Schifffahrtsunternehmen. Außerdem müssen Einreisewillige sich vorab auf das Coronavirus testen lassen, wie Spahn ausführte. Auch gilt eine Quarantänepflicht nach der Ankunft in Deutschland.
Derartige Maßnahmen schmerzten sehr, sagte Spahn. Sie seien aber "für eine gewisse Zeit unumgänglich", um den weiteren Eintrag der mutierten Coronaviren zu unterbinden.
Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, betonte in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Spahn, dass sich die ansteckenderen Virusvarianten bereits in Deutschland ausbreiten. Es sei davon auszugehen, dass sie weiter zunehmen würden - so sei es auch in anderen Ländern gewesen.
Bayerns Ministerpräsident Söder sagte am Freitag in einer Regierungserklärung, die stationären Grenzkontrollen würden in der Nacht von Samstag auf Sonntag errichtet. Wer keinen negativen Test vorweisen könne, "der kann an der Grenze zurückgewiesen werden". Für grenzüberschreitende Pendler, vor allem im medizinischen Bereich und auch im Wirtschaftsbereich, würden nun "praxisnahe Lösungen" erarbeitet.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte in Berlin, die Ausnahmetatbestände "werden begrenzt sein". Die Abstimmung in der Bundesregierung laufe derzeit, Entscheidungen seien noch nicht getroffen. Es gehe um eine erhebliche Infektionsgefahr, betonte der Sprecher. Er verwies auf Ausnahmetatbestände etwa für den Lieferverkehr, die bereits in der bestehenden Corona-Verordnung zum Schutz vor Virus-Mutationen geregelt seien. Diese Schutzverordnung solle als Orientierung dienen.
Der Ministeriumssprecher betonte zudem, Kontrollen an den Binnengrenzen in Europa seien immer die "Ultima Ratio". Die Entscheidungen würden "in größtem Verantwortungsbewusstsein getroffen". Wegen der erheblichen Inzidenzwerte und dem hohen Anteil an Mutationen sei es aus Sicht der Bundesregierung notwendig, Maßnahmen einzuleiten. Die Entscheidung dazu wurde demnach am Donnerstag getroffen.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Baden-Württembergs Ressortchef Thomas Strobl (CDU), sagte den Funke-Zeitungen: "Wenn eine Region zu einem Hochrisiko- oder Virusmutationsgebiet erklärt wird, greifen bestimmte Maßnahmen und Regeln - und die muss man mit der gebotenen Konsequenz kontrollieren." Er fügte hinzu: "Auch wenn die Virus-Mutationen bereits in Deutschland sind - ein weiterer Eintrag muss bestmöglich verhindert werden."
Grenzschließungen in Form von Einreisekontrollen nach Deutschland gab es im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bereits. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) schloss am Freitag Grenzschließungen auch zu Frankreich oder Luxemburg nicht aus. Mit Blick auf die Virusmutanten sagte er in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv: "Wenn es krasse Unterschiede gibt zwischen den Inzidenzen, dann wird uns nichts anderes übrig bleiben."
by BARBARA GINDL