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20.000 Menschen demonstrieren in Berlin gegen Corona-Politik der Regierung

Auflagen werden nicht beachtet - Zahl der Corona-Infizierten steigt weiter

Ohne Mundschutz und Abstand haben am Samstag in Berlin tausende Menschen gegen die Corona-Politik der Bundesregierung protestiert. Die Polizei sprach am späten Nachmittag von 20.000 Teilnehmern. Ein erster Aufzug war am Vormittag gestartet, er wurde nach drei Stunden vom Veranstalter beendet. Gegen den Versammlungsleiter wurde wegen Nichteinhaltung der Hygieneregeln Strafanzeige gestellt. Teilnehmer dieses Aufzugs schlossen sich dann der Kundgebung am Nachmittag an.

Für den ersten Demonstrationszug hatten die Veranstalter lediglich 1000 Teilnehmer angemeldet. Die Zahl, die schon zum Start deutlich höher lag, wuchs bis zum frühen Nachmittag auf 17.000 an. Die zweite Kundgebung mit angemeldeten 10.000 Teilnehmern startete am Nachmittag. Hier bezifferte eine Polizeisprecherin die Zahl der Teilnehmer auf rund 20.000. Die Kundgebung stand unter dem Titel "Ende der Pandemie - Tag der Freiheit".

Die Polizei wies mit Lautsprechern wiederholt auf die Einhaltung der Corona-Auflagen hin. Sie forderte zum Abstand halten und dem Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung auf. Verstöße wurden nach Polizeiangaben dokumentiert, um diese im Nachgang zu ahnden. Die Polizei war mit 1100 Kräften im Einsatz.

Zudem fanden mehrere kleinere Gegendemonstrationen statt, unter anderem vom Berliner Bündnis gegen Rechts. Eine ebenfalls für Samstag angemeldete Veranstaltung des Verschwörungstheoretikers Attila Hildmann war im Vorfeld unter anderem wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung untersagt worden. Es war das zweite Verbot einer Hildmann-Kundgebung in Folge.

Die Zahl der Corona-Infizierten stieg derweil weiter an. Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin gab die Zahl der in Deutschland mit dem Coronavirus infizierten Menschen am Samstag mit 209.653 an - ein Plus von 955 seit dem Vortag.

Aus Politik und Wirtschaft kamen Warnungen vor einer erneuten Verschärfung der Corona-Auflagen. "Einen zweiten Lockdown können wir uns nicht leisten", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) den Funke-Zeitungen vom Samstag. "Das würde unsere Wirtschaft kaum verkraften und sich letztendlich auch negativ auf den Sozialstaat und seine Stabilität auswirken."

Auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm warnte vor einer langanhaltenden Wirtschaftsschwäche, sollte es zu einem weiteren Lockdown kommen. Es müsse gelingen, regionales Infektionsgeschehen mit maßgeschneiderten Konzepten auch regional und zielgerichtet einzudämmen. Sollte dies nicht glücken, sei "mit einer deutlich länger anhaltenden Schwächephase zu rechnen", sagte das Mitglied des Sachverständigenrats den Funke-Zeitungen.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, rief dazu auf, eine zweite Infektionswelle möglichst lange hinauszögern. "Diese Strategie müssen wir solange wie irgend möglich fortsetzen, um einen größeren Lockdown zu vermeiden, der ein ganzes Bundesland oder die ganze Republik erfasst", sagte Dedy den Funke-Zeitungen.

Die Bundesärztekammer warnte angesichts des Anstiegs der Fallzahlen vor einer Überlastung der Gesundheitsämter. Langfristig seien die Behörden "nicht in der Lage, die hochgradig personalintensive Kontaktnachverfolgung zu stemmen", sagte Vizepräsidentin Heidrun Gitter der Zeitung "Welt" vom Samstag. Gebraucht werde eine "konzertierte Aktion" für die Stärkung der Gesundheitsämter: "Die Arbeitsbedingungen müssen attraktiver, die Vergütung konkurrenzfähiger und der Arbeitsplatz moderner werden."

by John MACDOUGALL