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"Solo": Das "Star Wars"-Universum ist um ein Mysterium ärmer

Erstmals im Free-TV

Ein schmieriger Weltraum-Halunke sitzt in einer noch schmierigeren Bar auf Tatooine und knallt sein Gegenüber ohne zu zögern ab - denn wir alle wissen: "Han schoss zuerst!". Mit dieser wenig rühmlichen Aktion lernte das Kino-Publikum 1977 Harrison Fords (78) Han Solo kennen und fast augenblicklich lieben. An seiner Seite ein treuer und überdimensionierter Bettvorleger namens Chewbacca, dessen Knurr- und Gurgellaute Han doch glatt verstehen kann.

Der "Krieg der Sterne" stellte Solos nur sporadisch beleuchtete Vergangenheit, seine innige Freundschaft zu Chewie und seine Liebe zu seinem fliegenden Schrotthaufen, dem Millennium Falken, als Mysterium dar. "Solo: A Star Wars Story", der am 22. November seine Free-TV-Premiere feiert (20:15 Uhr, ProSieben), gibt die unumstößlichen Antworten auf all diese sagenumwobenen Stationen im Leben des charmanten Gauners - und sogar auf Fragen, die sich nie jemand gestellt hat.

Schurke wider Willen: Darum geht es in "Solo"

Rund eine Dekade bevor Han Solo (Alden Ehrenreich, 30) in der Cantina Bar auf einen gewissen Luke Skywalker trifft, schlägt sich der intergalaktische Revolverheld als Kleinkrimineller auf seinem Heimatplaneten Corellia durch. Gemeinsam mit seiner großen Liebe Qi'Ra (Emilia Clarke, 34) träumt er davon, den industriell angehauchten Malocher-Planeten so schnell wie möglich zu verlassen. Doch als sich dem jungen Liebespaar endlich die Gelegenheit dazu bietet, werden Han und Qi'ra in letzter Sekunde voneinander getrennt. Mit der festen Absicht, seine Herzensdame zu retten, trifft Han eine folgenschwere Entscheidung - und schreibt sich als Pilot bei den Truppen des Imperiums ein.

Weil der ungestüme Draufgänger aber gar nicht daran denkt, Befehlen zu folgen, landet er schnell als Kanonenfutter an der vordersten Front. Im imperialen Schützengraben lernt er schließlich seinen Mentor Tobias Beckett (Woody Harrelson, 59) kennen, mit dem er einige Umwege später auf seinen ersten großen Raubzug gehen soll. Einer dieser Umwege ist übrigens ein rund 2,30 Meter großer, 190 Jahre alter Wookiee namens Chewbacca.

Es geht Schlag auf Schlag

Nur fünf Monate, nachdem "Die letzten Jedi" über die weltweiten Leinwände schwirrten, kam 2018 mit "Solo: A Star Wars Story" ein weiterer Streich mit dem Lichtschwert auf die Leinwand. Doch während die neueste Haupttrilogie plus dem ersten Spin-off namens "Rogue One" im Vorfeld noch zu fanatischen Trailer-Sichtungen führten, blieb der ganz große Hype um "Solo" aus - so auch an der Kinokasse. Selbst die eifrigsten Hobby-Jedi wirkten damals etwas müde vom Sternenkrieg. Da kam es ganz gelegen, dass sich das Finale der Skywalker-Saga, "Der Aufstieg Skywalkers", bis in den Dezember 2019 Zeit ließ, um den endgültigen "Star Wars"-Overkill zu vermeiden.

Dennoch fühlte sich "Solo" über weite Strecken wie ein Lückenfüller bis zum großen Finale der neuen Trilogie an. Das große Problem mit dem Film von Ron Howard (66) ist, dass er die Vorgeschichte von Han zwar mit allen Fragmenten versieht, die wir von dem Draufgänger aus Sagen kannten - diese aber wie von einer Strichliste abarbeitet und dabei wenig Spannung aufkommen lässt.

Solo ist ein Künstlername

Han Solos Treffen mit Chewbacca - Check. Han Solos Treffen mit Lando Calrissian (Donald Glover, 37) - Check. Der Gewinn des Millennium Falkens plus berühmt-berüchtigten Kessel-Flug in Rekordzeit - Check und Check. Um all diese schicksalshaften Begegnungen und Aktionen ist leider eine recht generische Geschichte aus Lug, Betrug und Gegen-Betrug gestrickt, die einen zu keinem Zeitpunkt wirklich packt. Und mussten wir wirklich wissen, wieso Han mit Nachnamen Solo heißt? Warum der Millennium-Falken mitunter eine kleine Diva ist? Und wollten wir jemals Han wie einen Wookiee plärren hören?

Das erste "Star Wars"-Spin-off "Rogue One" schaffte es noch, eine der größten Logiklücken (im wahrsten Sinne eine Lücke) des Originals von 1977 geistreich zu stopfen. "Solo" hingegen fühlt sich wie die uninspirierte "Origin Story" eines Superhelden an, von denen wir in den letzten Jahren wahrlich mehr als genug bestaunen konnten.

Zugegeben, die Jugend einer der berühmtesten Filmfiguren der Kinogeschichte nachzureichen war eine gelinde gesagt fast unmögliche Aufgabe, denn: In der nun schon über 40 Jahre lang gereiften Vorstellung von Solos Vergangenheit malten sich wohl die meisten Fans das alles weitaus spektakulärer aus. Was nur noch einmal das Gefühl bekräftigt, dass nicht jeder Stein in der weit, weit entfernten Galaxis umgedreht werden muss.

Die Lichtpunkte

Doch wo viel Schatten, da auch Licht. Die anfänglichen Unkenrufe über das Casting von Ehrenreich waren definitiv verfrüht. Die gigantischen Fußstapfen eines Harrison Fords kann er zwar nicht ganz füllen - wer könnte das schon -, es liegt aber nicht an ihm, dass trotz bezaubernder Optik und tollen Effekten insgesamt wenig "Star Wars"-Atmosphäre aufkommen will.

Donald Glover als kokettierender Möchtegern-Geck Lando ist eines der Highlights des Films. Ihm kauft man wirklich ab, die junge Version von Billy Dee Williams (83) zu sein. Und auch Woody Harrelson macht seine Sache gut, dem jungen Han Solo als Mentor zu dienen und ihm die eine oder andere Lebensweisheit mit auf den Weg zu geben, die dieser später verinnerlicht hat - immer zuerst schießen, zum Beispiel.

Fazit:

Natürlich blicken viele Fans der ersten Stunde zu nostalgisch auf viele Aspekte von Disneys Großoffensive in den Sternenkriegen. Aber genau von dieser Nostalgie zehrt "Solo: A Star Wars Story" wie noch kein Film der Reihe vor ihm, weswegen die oben genannten Kritikpunkte durchaus gerechtfertigt sind. An den Schauspielern liegt es nicht, dass "Solo" eine Enttäuschung ist. Wohl aber daran, dass der Film von Ron Howard eine sagenumwobene Figur dekonstruiert, dessen mysteriöse Vergangenheit überhaupt erst dafür sorgte, dass er zu einer derartigen Ikone reifte. Und zwar in allen Galaxien.