Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist am Sonntagabend zu einem Kurzbesuch in den zentralafrikanischen Staat Ruanda gereist. In der Hauptstadt Kigali will Baerbock am Montag an der Eröffnung der ersten kommerziellen mRNA-Impfstofffabrik auf dem afrikanischen Kontinent teilnehmen. Betrieben wird die Produktionsstätte von dem Mainzer Unternehmen Biontech. Baerbock plant zudem ein Treffen mit Ruandas Außenminister Vincent Biruta und einen Besuch an der Gedenkstätte für den Völkermord, der sich im kommenden Jahr zum 30. Mal jährt.
Vor ihrer Abreise würdigte Baerbock die Einweihung der Impfstoff-Fabrik in Ruanda als "echten Meilenstein und Hoffnung für Millionen". Hier sollen Impfstoffe ausschließlich für den afrikanischen Kontinent produziert werden. Baerbock erinnerte an den Beginn der Corona-Pandemie, als viele Menschen gerade auch in Afrika "dem Virus schutzlos ausgeliefert" gewesen seien - und daran, "dass wir als internationale Gemeinschaft buchstäblich nicht liefern konnten".
Es seien damals "viel zu wenige lebensrettende Impfdosen" dort angekommen, wo sie dringend gebraucht wurden, kritisierte die Außenministerin. Der Grundstein für die Biontech-Produktionsstätte in Kigali war im Juni 2022 gelegt worden. Das deutsche Pharmaunternehmen lieferte für den Aufbau mobile Laboreinheiten in das afrikanische Land, die aus umgebauten Schiffscontainern bestehen.
Die Nachfrage nach den Corona-Impfstoffen ist inzwischen auch in Afrika stark zurückgegangen, es gibt weltweit ein Überangebot. Biontech will die mRNA-Technologie nach eigenen Angaben auch dafür nutzen, Impfstoffen für Krankheiten zu entwickeln, die in Afrika besonders verbreitet sind - etwa Malaria, Tuberkulose und HIV.
Zur Eröffnung der Biontech-Anlage haben sich als weitere Gäste unter anderem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie die Präsidenten Ruandas, Senegals und Ghanas angekündigt.
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Ruanda sind eng. Die deutsche Kolonialzeit - Ruanda war von 1884 bis 1916 Teil der Kolonie Deutsch-Ostafrika - spielt nach Einschätzung des Auswärtigen Amts in den Beziehungen nur eine untergeordnete Rolle. Deutschland hat Ruanda für den Zeitraum von 2022 bis 2024 insgesamt 93,6 Millionen Euro an Hilfszahlungen zugesagt.
Ruanda ist politisch vergleichsweise stabil und hat in den vergangenen Jahren als internationaler Produktionsstandort an Bedeutung Gewonnen. Seit 2018 lässt Volkswagen in dem 13-Millionen-Einwohner-Land Autos zusammenbauen. Trotz starkem Wirtschaftswachstum und Entwicklungserfolgen leben allerdings weiterhin mehr als 50 Prozent der Ruanderinnen und Ruander in Armut.
Das Land wird von Präsident Paul Kagame autoritär regiert. Ruanda steht international in der Kritik wegen mangelnder Pressefreiheit, Unterdrückung der Opposition und Manipulation von Wahlen.
Baerbock würdigte zum Auftakt ihrer Reise die wirtschaftliche Entwicklung Ruandas. Das kleine Land sei "jetzt schon oft Entwicklungsmodell für einen ganzen Kontinent - mit starkem Wirtschaftswachstum, als Vorreiter bei Klima- und Umweltschutz oder bei gesellschaftlicher Teilhabe von Frauen", erklärte sie. Bereits am Dienstag wird Baerbock in Berlin zurückerwartet.
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