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"Betroffene sind nicht allein": Staatsakt für rheinland-pfälzische Flutopfer

Dreyer verspricht langfristige Hilfen - Steinmeier spricht Anteilnahme aus

Mit einem bewegenden Staatsakt ist am Mittwochabend der rheinland-pfälzischen Opfer der Flutkatastrophe von Mitte Juli gedacht worden. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) versprach den Flutopfern langfristige Hilfen. "Betroffene sollen wissen: Sie sind nicht allein. Ganz Rheinland-Pfalz nimmt Anteil an Ihrem Leid", sagte Dreyer bei der Gedenkveranstaltung am Nürburgring. Die Landesregierung werde Betroffenen und Kommunen zur Seite stehen.

"In aller Trauer hat sich gezeigt, dass Deutschland ein solidarisches Land ist", sagte Dreyer. "Möge die Verbundenheit, die die Menschen in den betroffenen Regionen erfahren, Trost und Hoffnung spenden. Möge sie uns die Kraft geben, die Mammutaufgabe Wiederaufbau mit Zuversicht anzugehen."

Niemand werde die Toten, Verletzten und Betroffenen vergessen. Die Katastrophe habe das Land "bis ins Mark getroffen". Viele Schicksale gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf, sagte Dreyer. Sie erwähnte zwölf Menschen, die in Sinzig in einer Einrichtung für behinderte Menschen ertrunken waren. Drei Menschen hätten sich im Zusammenhang mit der Katastrophe das Leben genommen.

Dreyer sprach von 134 Menschen, die durch die Flut ihr Leben verloren haben. Nach Angaben der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom Mittwoch, die den Einsatz leitet, kamen 133 Menschen ums Leben. 766 Menschen wurden verletzt. Drei Menschen gelten weiterhin als vermisst.

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach den Betroffenen seine Anteilnahme aus. Er habe Respekt davor, dass die Betroffenen trotz ihrer Verzweiflung nicht aufgegeben hätten. "Dass Sie trotzdem anpacken, nach vorn blicken, so unendlich schwer es auch oft fallen mag", sagte Steinmeier. Die Bilder der Zerstörung, der Verzweiflung und des Leids hätten ihn und Menschen in ganz Deutschland erschüttert.

Steinmeier und Dreyer bedankten sich für die "überwältigende Hilfsbereitschaft" der professionellen und freiwilligen Helfer. "Sie haben Leben gerettet, Sie haben geholfen, Sie haben Kleider, Decken, Essen, Getränke gebracht und verteilt", sagte Steinmeier und dankte zudem den vielen Menschen für ihre Spenden. Die finanziellen Hilfen von Bund und Ländern müssten "so schnell wie möglich" zu den Betroffenen kommen.

Ein Betroffener, der bei der Flut seinen Vater verlor, sprach von "Angst" und "Ungewissheit", die er während der Katastrophe erlebt habe. Am nächsten Morgen habe er seinen Vater in seinem Haus gesucht und nicht gefunden. "In dem Moment wurde mir klar, dass er ertrunken ist und weggespült wurde", sagte Wilfried Laufer. Sein Vater sei drei Tage später 25 Kilometer flussabwärts gefunden worden. "Ich hoffe, dass alle die Kraft finden, ihre Heimat wieder aufzubauen und sie in einem neuen glanzvollen Licht erstrahlen zu lassen", sagte er.

Die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr, Cornelia Weigand (parteilos), bezeichnete die Ahr als "Weggefärtin", die in der Flutnacht zu einem "brutalen Ungeheuer" geworden sei. Sie forderte, das Leben an Flüssen neu zu denken. "Unser Ziel muss sein, Strategien zu entwickeln, wie wir künftig sicher in Flussregionen leben können", sagte sie.

Es sei Aufgabe der Politik und der Behörden, die Solidarität der Freiwilligen zu schützen, sagte ein freiwilliger Helfer. "Wir erwarten Anstrengungen von unserem Land, die besten Ingenieure und Fachleute zu uns zu schicken", sagte er.

Bei der Feier wurde mit einer Schweigeminute der Toten gedacht. Zwei Schauspieler des Theaters Koblenz lasen die Namen der Verstorbenen vor. Zum Staatsakt eingeladen waren die Angehörigen der Toten und Vermissten, Verletzte, Geschädigte, Hilfskräfte sowie die Bürgermeister der mehr als 250 betroffenen Orte.

by Bernd Lauter