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Zahl der wohnungslos untergebrachten Menschen in Deutschland verdoppelt

Die Zahl der wegen Wohnungslosigkeit untergebrachten Menschen in Deutschland hat sich binnen eines Jahres mehr als verdoppelt. Zum 31. Januar 2023 waren rund 372.000 wohnungslose Menschen in Unterkünften in den Kommunen oder in entsprechenden Hilfseinrichtungen untergebracht, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mit. Im Vorjahr waren noch 178.000 betroffen. 

Die Statistiker führten den Anstieg jedoch teilweise auf eine Verbesserung der Datenmeldung der beteiligten Stellen zurück. Zudem wurden 2023 knapp 130.000 Geflüchtete aus der Ukraine erfasst, die im vergangenen Jahr nach Deutschland kamen. Rund ein Drittel aller untergebrachten wohnungslosen Menschen ist dieser Gruppe zuzuordnen. 

Durch den Anstieg der Menschen aus der Ukraine stieg der Anteil aller wohnungslos Untergebrachten mit ausländischer Staatsangehörigkeit von 69 Prozent auf 80 Prozent. Deutsche Staatsangehörige waren zu 16 Prozent betroffen. Bei 3,5 Prozent gab es keine Angaben, war die Staatsangehörigkeit ungeklärt oder sie waren Staatenlose. 

Die Hälfte aller untergebrachten wohnungslosen Menschen waren Männer, 42 Prozent waren Frauen. Beim Rest wurde das Geschlecht mit "unbekannt" angegeben. Im Schnitt waren die Untergebrachten 31 Jahre alt. Mehr als ein Drittel war jünger als 25 Jahre, fünf Prozent älter als 65 Jahre. 

Die Betroffenen sind in verschiedenen Konstellationen untergebracht. Menschen in Paarhaushalten mit Kindern waren mit 31 Prozent die größte Gruppe. 29 weitere Prozent waren alleinstehend, 16 Prozent waren als Alleinerziehende-Haushalte untergebracht. 9,3 Prozent kamen in Mehrpersonenhaushalten unter und 3,6 Prozent galten als Paarhaushalte ohne Kinder.

In Nordrhein-Westfalen waren mit 84.690 Betroffenen die meisten Menschen wegen Wohnungslosigkeit untergebracht, gefolgt von Baden-Württemberg mit 76.510. Am geringsten war die Zahl mit 1195 in Mecklenburg-Vorpommern. Nicht in der Erhebung berücksichtigt sind Menschen, die bei Freunden oder Familie unterkommen sowie auf der Straße lebende Obdachlose.

Angesichts der Zahlen forderte die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) konkrete Maßnahmen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. "Das permanente Schrumpfen des Sozialwohnungsbestandes muss gestoppt und Maßnahmen zur Verhinderung von Wohnungsverlusten müssen systematisch eingesetzt werden", erklärte die BAG W-Vorsitzende Susanne Hahmann am Mittwoch in Berlin. "Der massive Anstieg untergebrachter wohnungsloser Menschen ist deutlicher Ausdruck der Wohnungskrise in Deutschland", ergänzte BAG W-Geschäftsführerin Werena Rosenke. 

"Wohnungslosigkeit ist kein Schicksal, sondern ein lösbares Problem", erklärte Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik bei der Diakonie Deutschland. Es gebe ausreichend Vorschläge, um Wohnungslosigkeit zu überwinden. Sie müssten konsequent umgesetzt und finanziert werden. Sie forderte konkrete Maßnahmen für den angekündigten Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung. Nötig sei ein "Neustart für eine soziale Wohnungspolitik". 

ald/ul