Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die Bundesregierung davor gewarnt, die Aufnahme seines Landes in die Nato zu behindern. Kuleba sagte in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit "Bild", "Welt" und "Politico", die heutige Bundesregierung dürfe nicht den Fehler von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Jahr 2008 wiederholen, "als sie heftigen Widerstand gegen jeden Fortschritt für die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine leistete".
Die damalige Entscheidung habe die Tür aufgemacht für den russischen Angriff auf Georgien 2008 und die Annexion der Krim-Halbinsel 2014, betonte Kuleba. Wäre die Ukraine bereits Nato-Mitglied gewesen, hätte es nach seinen Worten die russische Annexion der Krim und auch den im Februar 2022 von Russland begonnenen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht gegeben.
Laut Kuleba erwartet die Ukraine nicht ihre Aufnahme in die Nato noch während des Krieges. "Aber nach dem Krieg wäre es selbstmörderisch für Europa, die Ukraine nicht als Nato-Mitglied zu akzeptieren." Eine Ukraine außerhalb der Nato würde bedeuten, dass Krieg weiter eine Option sei, unterstrich der ukrainische Außenminister. Der einzige Weg, die Tür für eine russische Aggression gegen Europa und den gesamten europäisch-atlantischen Raum schließen, bestehe im Nato-Beitritt der Ukraine.
Die Nato-Mitgliedschaft seines Landes werde nicht zu einem weiteren oder größeren Krieg mit Russland führen, sagte Kuleba. Vielmehr sei die Nato-Aufnahme der Ukraine "die Straße zum Frieden". Russland werde es nicht wagen, eine zur Nato gehörende Ukraine anzugreifen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zum bevorstehenden Nato-Gipfel am 11. und 12. Juli in der litauischen Hauptstadt Vilnius eingeladen. Brüsseler Diplomaten zufolge haben vor allem die USA und Deutschland Vorbehalte gegen eine rasche Aufnahme der Ukraine in die Militärallianz. Polen und die Baltenstaaten gelten hingegen als die größten Befürworter.
Die Nato hatte der Ukraine bereits im April 2008 bei einem Gipfel in Bukarest einen Beitritt in Aussicht gestellt. Merkel verhinderte damals aber aus Rücksicht auf Russland den dafür nötigen Fahrplan zur Mitgliedschaft.
dja