Droht dem Mittelmeer ein Tsunami? In Pozzuoli, einer Stadt im Süden Italiens, sind rund 500.000 Menschen seit Monaten den anhaltenden Erdbeben in der Roten Zone um den Supervulkan der phlegräischen Felder ausgesetzt. Allein am Donnerstagmittag wurden über 60 Erdstöße innerhalb von 24 Stunden in der Bucht von Pozzuoli verzeichnet - steht ein Ausbruch und somit ein Tsunami im Mittelmeer kurz bevor
Fachleute warnen seit langem vor einem möglichen Ausbruch. Besorgniserregend ist, dass die Erdbeben sich auf zwei Bereiche konzentrieren: das unmittelbare Umfeld der Hafenstadt Pozzuoli, wo sich der Solfatara-Krater befindet, und ein Gebiet mitten in der Bucht von Pozzuoli, das ebenfalls Teil der riesigen Caldera ist, die vor rund 39.500 Jahren einen gewaltigen Ausbruch der Phlegräischen Felder in die Bucht brach. Vulkanologen wie Aldo Piombino sind besorgt über die Erdbeben in der Bucht. Besonders beunruhigend ist ein kleiner Erdstoß in der Bucht in einer Tiefe von sechs Kilometern. Piombino veröffentlichte eine Karte auf Facebook, auf der er die beiden Zonen markierte. Er erklärt, dass der grün markierte Bereich, in dem die Erdbebenaktivität mit der Bodenhebung verbunden ist, seit 2005 um 1,25 Meter angestiegen ist. Forscher vermuten, dass diese Hebung durch heißes Wasser aus einer Lavakammer in der Erde verursacht wird.
Piombino erklärt weiter, dass der rote Bereich die Seismizität des Golfs darstellt, die durch eine vorhandene Verwerfung und hydrothermale Quellen verursacht wird. Hydrothermale Quellen sind kleine Vulkane, aus denen heißes Wasser austritt. Es gibt zwei Bereiche mit unterschiedlicher Seismizität: Im Bereich des hydrothermalen Systems können keine tiefen Erdbeben auftreten, während entlang der Verwerfung im Golf tiefere Erdbeben auftreten können. Die meisten Erdbeben in den Phlegräischen Feldern treten in relativ geringen Tiefen von maximal dreieinhalb Kilometern auf und werden als Ausbrüche von heißem Wasser im lockeren Untergrund interpretiert. Tiefere Beben hingegen werden als Anzeichen für aufsteigendes Magma gedeutet. Einige sind besorgt über die Tiefe der Beben, da sie auf einen möglichen Magmaausstoß hinweisen könnten. Piombino versucht zu beruhigen und betont, dass die Magmakammer noch weit entfernt ist. Allerdings kann Magma bevorzugt in Bruchzonen der Erdkruste unter Wasser eindringen. Ein Ausbruch des Supervulkans wäre bereits an Land verheerend, aber im Golf von Pozzuoli könnten auch verheerende Tsunamis ausgelöst werden.
Eine 2019 im Journal of Volcanology and Geothermal Research veröffentlichte Studie von Martina Ulvrova und ihren Kollegen von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich erstellte Modelle zeigen potenzielle Tsunamis, die durch Ausbrüche an verschiedenen Orten in der Bucht von Pozzuoli entstehen würden. Diese Tsunamis könnten besiedelte Gebiete treffen, wobei die meisten Regionen von relativ kleinen Wellen betroffen wären. Im schlimmsten Fall könnten jedoch bis zu 30 Meter hohe Wellen auftreten, die dicht besiedelte Küstengebiete treffen würden. Die Modelle verdeutlichen die potenzielle Gefahr von Tsunamis und zeigen, dass das Risiko in der Bucht von Pozzuoli am größten ist. Angesichts dieser Bedrohung sollte das Tsunami-Risiko unbedingt in die nationalen Notfallpläne für die phlegräischen Felder aufgenommen werden.