Sean Connery ist der beste "Bond" aller Zeiten - zu diesem Ergebnis kam kürzlich das Film- und Fernsehmagazin "Radio Times". 14.000 britische Leser hatten Connery in einer Umfrage zum besten James-Bond-Darsteller aller Zeiten gewählt. Der Schotte, der sich schon seit langer Zeit im öffentlichen Standby-Modus befindet, wird nun stolze 90 Jahre alt. So wurde aus dem ehemaligen Milchfahrer und Sargpolierer der Revolverheld und Womanizer James Bond.
"Wenn die Bücher Erfolg hatten, dann machen sie auch einen unbekannten Darsteller berühmt. Einen großen Star hätten wir niemals für die ganze Reihe binden können", erklärt Barbara Broccoli (60), Tochter des Original-Bond-Produzenten Albert R. Broccoli (1909-1996), die Besetzung von Connery als Ur-Bond. Zum Auftakt der berühmten Filmreihe ("James Bond - 007 jagt Dr. No") setzten die Produzenten mit Sean Connery also auf ein eher unbeschriebenes Blatt. Zunächst hielt Schöpfer Ian Fleming (1908-1964) auch nicht besonders viel vom burschikosen Schotten: "Connery hat nicht der Vorstellung entsprochen, die ich von Bond hatte", verriet Fleming laut seines Biografen Matthew Parker später. Das habe sich im Lauf der Zeit jedoch geändert: "Wenn ich die Bücher noch einmal schreiben würde, dann wäre er das Vorbild."
Connery selbst gefiel das Drehbuch für den Film von Beginn an, forderte aber mehr Humor in der Story. Bei der Figur James Bond waren sich die beiden allerdings einig. "Als ich Fleming das erste Mal traf, sahen wir Bond sehr ähnlich: als Genussmenschen - alle Sinne hochgefahren, auf alles achtend, ganz klar ohne Moral", so Connery. "James Bond steht dafür, die Regeln zu brechen. Er genießt die Freiheit, die Otto Normalverbraucher nicht haben. Er isst gern. Er trinkt gern. Er mag seine Girls. Er ist ziemlich sadistisch und grausam."
Als Produzent Albert R. Broccoli 1958 am Set von "Herz ohne Hoffnung" ein gewisser Thomas Sean Connery vorgestellt wurde, soll er ihm direkt gefallen haben. "Er war ein gut aussehender, sympathischer Kerl, der eine animalische Kraft ausstrahlte. Er war groß, er hatte starke physische Präsenz, und da war genau die richtige Spur von Drohung hinter seinem Lächeln und schottischen Akzent", verriet Broccoli über seinen späteren Goldesel. Auch wenn Connery vor seinem Engagement eigentlich eine Karriere als Fußballer oder Bodybuilder anstrebte und daher so gar nicht zu dem Image des britischen Gentlemans aus den Romanen zu passen schien, bekam der Mann aus Edinburgh letztlich den Vorzug, vielleicht auch wegen seiner schon damals lässigen und zugleich selbstbewussten Ausstrahlung. "Ich mache keine Probeaufnahmen, darüber bin ich längst hinaus", soll seine Antwort auf die Einladung zu einem Bond-Testscreening gewesen sein.
Nach dem überraschenden Megaerfolg von "Dr. No" - das Debüt spielte weltweit knapp 60 Millionen Dollar ein - wurde Sean Connery in der Rolle des britischen Geheimagenten von seinem Publikum euphorisch aufgenommen und spätestens zwei Jahre danach mit "Goldfinger" zur Leinwand-Ikone. Doch mit dem vierten Film "Feuerball" von 1965 begann die gigantische Bondmania ihrem Star zu Kopf zu steigen. Vor allem ständig im Fokus der Öffentlichkeit zu stehen, schien den Darsteller zu nerven - er löste seinen noch bestehenden Vertrag vorzeitig auf. So zog sich Connery zum ersten Mal in seinem Leben aus dem Rampenlicht zurück. Seine Figur sei ihm sowieso nie wirklich geheuer gewesen, wie er "The Guardian" einmal erklärte: "Ich habe diesen verdammten James Bond immer gehasst. Ich würde ihn gerne töten."
Zwei James-Bond-Comebacks sollte Sean Connery dennoch haben: Für "Diamantenfieber" (1971) kehrte er mit einem Weltrekord zurück. Ein Deal über 1,25 Millionen Dollar Gage plus 12,5 Prozent der Filmeinnahmen war es den Machern wert, ihren Star noch einmal an sich zu binden. Mindestens genauso spektakulär war dann sein eigentliches Goodbye: 1983 schlüpfte Connery mit stattlichen 53 Jahren für einen inoffiziellen Bond-Streifen mit dem ironischen Titel "Sag niemals nie" noch einmal in die Rolle des 007. Für das "Feuerball"-Remake kassierte Connery satte fünf Millionen Dollar und dank der 160 Millionen Dollar, die es an den Kinokassen einspielte, zeigte der Schauspieler den Bond-Produzenten die lange Nase und bewies ein letztes Mal, dass er der einzig wahre Mann mit der Lizenz zum Töten war.