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Rufe nach mehr Hilfen für SED-Opfer zum Jahrestag des DDR-Volksaufstands

Kurz vor dem 70. Jahrestag des Volksaufstands in der DDR sind Rufe nach einer besseren Unterstützung von Opfer der SED-Diktatur laut geworden. Die zuständige Bundesbeauftragte Evelyn Zupke rief am Donnerstag zu einer raschen Erhöhung der staatlichen Opferrenten für die Betroffenen auf. Der Bundestag verlangte außerdem die zeitnahe Einrichtung eines bundesweiten Härtefallfonds. In den kommenden Tagen sind mehrere Gedenkveranstaltungen zum Aufstand am 17. Juni 1953 geplant. 

Viele Opfer der SED-Herrschaft in der DDR lebten heute in prekären Verhältnissen, sagte Zupke bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Berlin. "Während die Renten für Träger des SED-Regimes in den letzten vier Jahren jedes Jahr im Schnitt um vier Prozent gestiegen sind, wurden die Leistungen für die Opfer der SED-Diktatur nicht um einen Cent erhöht."

Die Opferenten liegen im Moment bei 330 Euro im Monat; anders als die regulären Altersbezüge aus der Rentenversicherung werden sie bislang nicht jährlich angepasst - obwohl viele der Bezieherinnen und Bezieher besser vor Altersarmut geschützt werden müssten, wie Zupke sagte. Die Inflation laste schwer auf vielen der Betroffenen, kritisierte sie. Zupke forderte eine jährliche "Dynamisierung" der Opferbezüge.

Die Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur wies darauf hin, dass die Ampel-Parteien dies in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hätten - dass die Bundesregierung die Pläne bislang aber noch nicht umgesetzt habe. 

Es sei eine "schwache Leistung", dass innerhalb der Bundesregierung noch nicht einmal die Ressortzuständigkeit für die Umsetzung des geplanten bundesweiten Härtefallfonds geklärt sei. Zupke verwies auf eine Erhebung aus Brandenburg aus dem Jahr 2020, derzufolge fast die Hälfte der dortigen SED-Opfer von Armut oder Armutsgefährdung betroffen ist.

Auch der Bundestag forderte eine bessere Unterstützung von Opfern der SED-Herrschaft. Der im Koalitionsvertrag zugesagte Härtefallfonds müsse nun zeitnah eingerichtet werden, hieß es in einem Antrag der Ampel-Koalitionen, der am Donnerstag im Parlament beschlossen wurde.

Auch der Vorsitzende der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG), Dieter Dombrowski, befürwortete die Forderung "ausdrücklich" und rief zu einer "baldigen Klärung über die Zuständigkeiten" zur Errichtung eines solchen Fonds auf.

Die drei Ampel-Fraktionen bezeichneten den Volksaufstand am 17. Juni 1953 als "das bedeutendste Ereignis in der Geschichte von Opposition und Widerstand" in der DDR. Dieser Tag stehe wie kein anderer "für den jahrzehntelangen mutigen Kampf vieler Menschen in der DDR für Freiheit, Demokratie und die Deutsche Einheit". Die Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur und der Geschichte der DDR müsse fortgeführt und gestärkt werden. 

Zupke warnte vor Beschönigungen, was die kommunistische Herrschaft in Ostdeutschland angeht. "Der 17. Juni widerlegt den Mythos, dass der Sozialismus im Osten Deutschlands ein Gesellschaftsmodell war, das gut begann und irgendwann auf die schiefe Bahn geriet", sagte sie. Die SED-Herrschaft sei vielmehr von Anfang an von "Einschüchterung, Repression und gelenkter Justiz" gekennzeichnet gewesen. "Viele Menschen gingen durch die Hölle oder bezahlten mit dem Leben."

Zupke mahnte eine stärkere historische Forschung zu dem Thema an. Sie verwies darauf, dass es an deutschen Universitäten allein rund 15 Professuren für bayerische oder fränkische Landesgeschichte gebe. "Aber wir haben nicht einen einzigen Lehrstuhl zur Geschichte der DDR und des Kommunismus.

Der Bundestag hält am Freitag eine Gedenkstunde zum Volksaufstand ab, zu der unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet wird. Zum 70. Jahrestag des Aufstands am Samstag hält Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Zeremonie am Mahnmal auf dem Friedhof Seestraße in Berlin eine Gedenkrede.

bfi/pw