Gute und schlechte Nachrichten vom RKI in der heutigen Pressekonferenz! Noch sieht das RKI das Coronavirus nicht eingedämmt in Deutschland!
Trotz Hinweisen auf eine Verlangsamung des Anstiegs der Neuinfektionen ist die Corona-Pandemie in Deutschland nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) nicht unter Kontrolle. Die Zahl der Ansteckungen habe sich auf einem "relativ hohen Niveau eingependelt", sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Dienstag in Berlin. Es gebe "positive Tendenzen", allerdings keine Hinweise auf deutliche Rückgänge der Infektionszahlen oder eine Eindämmung.
In der Debatte um mögliche Lockerungen der Corona-Beschränkungen stellte sich das RKI zugleich im Wesentlichen hinter die jüngsten Empfehlungen der Nationalakademie Leopoldina. Mit der Ausnahme "kleiner Details" gebe es in seinem Institut bei der Einschätzung der Situation "keine größeren Unterschiede" zu den Auffassungen der Regierungsberater, sagte Wieler. Sie entsprächen zum großen Teil "der Erwartungshaltung" und den bereits kursierenden Ideen.
Das RKI meldete am Dienstag bundesweit 125.098 Infektionen, 2082 mehr als am Vortag. In der vergangenen Woche hatte es an einem Tag teilweise mehr als 4000 neu gemeldete Infektionen gegeben. Wieler mahnte aber zur Vorsicht bei der Interpretation der Daten einzelner Tage. Gerade wegen des Osterwochenendes sei es möglich, dass weniger ärztliche Diagnosen und weniger Tests erfolgt seien. Auch Auswirkungen auf die offiziellen Meldezahlen seien denkbar.
Wieler betonte, nach den Berechnungen des RKI breite sich das Coronavirus in Deutschland weiterhin aus. Das Bild, das sich in der Bundesrepublik zeige, sei insgesamt sehr differenziert. Das gelte unter anderem auch regional. Insgesamt sei aber erkennbar, dass die getroffenen Maßnahmen wirkten. Behandlungskapazitäten in den Krankenhäusern reichten aktuell aus. "Bei der derzeitigen Dynamik werden keine Engpässen prognostiziert", sagte Wieler.
Das könne sich bei ansteigenden Infektionszahlen allerdings auch ändern, warnte der RKI-Präsident. Er appellierte, die geltenden Abstands- und Hygieneregeln weiterhin unbedingt einzuhalten. Er danke den Bürgern in Deutschland, die "maßgeblich" zum Erfolg der Maßnahmen beigetragen hätten. "Die Disziplin, die wir in den letzten Wochen gehalten haben, die sollten wir weiter halten."
Wieler ergänzte, mit Blick auf die Empfehlungen der Leopoldina habe sein Institut eine "etwas differenzierte Einschätzung" zum Vorgehen bei möglichen Schulöffnungen. Das RKI sei der Meinung, dass es "epidemiologisch sehr viel Sinn macht", erst ältere Schüler wieder zu unterrichten. Es sei zu erwarten, dass diese die Abstandsregeln wohl besser einhielten. Die Leopoldina hatte angeregt, erst Grundschulen und die Sekundardstufe eins zu öffnen.
Der RKI-Präsident betonte zugleich, es gebe "nach wie vor keine Blaupause" für die aktuelle Situation und "nicht immer ein Falsch und Richtig". Bei zahlreichen Maßnahmen lasse sich über Vor- und Nachteile diskutierten. Vieles müsse ausprobiert werden. "Diese Pandemie gab es so noch nicht", sagte Wieler. "Aber im Großen und Ganzen enthält die Leopoldina-Stellungnahme die Maßnahmen, die man sich halt überlegen kann". Entscheiden müsse nun die Politik.
In ihrer Eigenschaft als Beraterin der Bundesregierung hatte die Leopoldina am Wochenende ein Papier mit ihren Vorschlägen für die Rückkehr zur Normalität in der Corona-Krise vorgelegt. Die 26 in einer Arbeitsgruppe versammelten Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen sprachen sich unter anderem für eine schnelle Wiedereröffnung von Schulen aus. Darüber hinaus empfahlen sie eine Maskenpflicht bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Am Mittwoch beraten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder in einer Telefonkonferenz über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise. Die bisherigen Maßnahmen gelten laut gemeinsamer Absprache zunächst bis zum 19. April.
Die Zahl der wieder von einer Corona-Infektion genesenen Menschen schätzte das RKI bundesweit auf mehr als 68.000, also mehr als die Hälfte der offiziell gemeldeten Ansteckungsfälle. Der Anteil der Todesfälle unter gemeldeten Fällen lag inzwischen bei 2,4 Prozent. Die steigende Tendenz erkläre sich unter anderem durch zunehmende Corona-Ausbrüche in Alten- oder Pflegeheimen.
bro/cfm
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